Leinefelde. An Bächen spielen, auf Bäume klettern, Dämme oder Baumhäuser bauen, der Fanta-
sie freien Lauf lassen – all das sind schöne Kindheitserinnerungen in der Natur. Der DRK-Kindergarten Sonnenschein in Leinefelde will an dieser Tatsache nicht nur festhalten, sondern auch, dass die Kinder auch jetzt noch die Natur genießen…

Kinder heute verbringen immer weniger Zeit draußen. Unter anderem sind elektronische Medien in den Vordergrund gerückt und verändern Spielgewohnheiten; das Spiel von Kindern hat sich nach drinnen verlagert. Das hat einen großen Einfluss auf das Leben, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Kinder. So gibt es aufgrund des Bewegungsmangels und emotionaler Unausgeglichenheit immer mehr Kinder mit körperlichen Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten. Ohne das draußen spielen fehlt den Kindern die Erfahrung, sich als Teil eines größeren Ganzen zu erleben und sie entfremden sich immer mehr von der Natur.

Um dem entgegen zu wirken, haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, den Kindern
unseres DRK-Kindergartens „Sonnenschein“ in Leinefelde das Spielen, Erleben und
Erfahren in der freien Natur zu ermöglichen. Bereits seit zwei Jahren organisieren wir regelmäßig Waldtage – eine Idee, die unsere Kindheitspädagogin von einem Aufenthalt in Dänemark mitbrachte und vom naturnahen Aufwachsen der Kinder dort begeistert war. Daraufhin machte sie in Leipzig eine Zusatzausbildung zur Waldpädagogin und unsere Tage im Wald begannen.

Die Natur bietet eine große Vielfalt von Sinneseindrücken und Herausforderungen, die wir im Bildungsalltag unserer Kinder brauchen. Unzählige Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten, wie bspw. beim Balancieren über einen Baumstamm oder beim Bauen einer Hütte, fördern die Sinneswahrnehmung und Körperkoordination der Kinder. Der Freiraum im Wald regt ein gutes, soziales Gruppenklima an, denn die Kinder lernen zusammenzuarbeiten und sich über ihre Spielvorhaben auszutauschen.

Das natürliche Spielmaterial fördert die Fantasie und die Reizüberflutung nimmt ab.
Die Kinder erleben die wechselnden Jahreszeiten mit allen Sinnen und entdecken die
heimische Tier- und Pflanzenwelt. Sie lernen mit Lebewesen achtsam umzugehen und
sich als Teil eines Ganzen zu begreifen: Denn nur was man kennt, das ist man auch
bereit zu schützen.

Dabei wird der erlebte Freiraum durch klare Regeln und Vereinbarungen mit den Kin-
dern begrenzt, um die Gefahren für Kinder und Natur so gering wie möglich zu halten.

Wie weit sie sich zum Spielen entfernen dürfen, wird jedes Mal vorher besprochen und
nach dem Essen wird selbstverständlich der Müll wieder mitgenommen.
Mittlerweile haben sich unsere Waldtage herumgesprochen und stoßen auch bei den
Eltern auf Begeisterung und Mitwirkung. Deshalb wollen wir unser Konzept erweitern:
Mit einem täglichen Besuch im Wald wollen wir allen Kindern und ihren Familien mehr
Naturerfahrungen ermöglichen. Derzeit arbeiten wir daran, eine

Unterbringungsmöglichkeit in Form eines Waldkindergartenwagens vor Ort zu realisie-
ren. Dieser soll eine sichere Basis für unsere Erkundungen in den Wald sein und die Möglichkeit bieten, sich bei kühlem oder schlechtem Wetter dorthin zurückzuziehen.

Selbstverständlich achten wir auf eine ausgewogene Kombination aus Natur und Kul-
tur für unsere Waldkinder: Neben dem Freiraum im Wald, den sie für ihre gesunde Entwicklung benötigen, kommt der Erwerb kulturgebundener Fähigkeiten und Fertigkeiten, wie dem Schriftspracherwerb, in den Räumlichkeiten unseres Kindergartens nicht zu kurz. Dies hat einen nachgewiesenen positiven Effekt auf die Schulfähigkeit: Kinder, die ihre Vorschulzeit im Wald verbracht haben, sind im Durchschnitt sowohl motorisch fitter, konzentrierter und ausgeglichener als auch motivierter und kreativer.

Im Vordergrund unseres Waldkinderprojektes steht, die Natur wieder als (Er)lebens-
raum zu entdecken und gemeinsam zu erkunden und erfahren, damit die Kinder eine emotionale Beziehung zu ihr entwickeln können und lernen, Verantwortung zu übernehmen und sich für ihre natürliche Umwelt einzusetzen. Dafür ist es höchste Zeit, denn nie zuvor war es für eine Generation so wichtig, Zugang zur Natur zu haben, wie für unsere Kinder heute. Wir wünschen uns eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder in einer intakten Umwelt und wollen so gern unseren Beitrag dazu leisten.

Text und Fotos: Sabine Hahn

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