Leinefelde. Zum Abschluss der Schule müssen die Schüler von 10. Klassen auch eine Projektarbeit vorstellen. Dabei handelt es sich um eine Arbeit, die nicht mal schnell in ein paar Tagen erledigt ist und schon gar nicht allein erarbeitet werden kann. Hier ist Teamarbeit gefragt, meist von zwei bis vier oder fünf Schülern. In den vergangenen Tagen mussten die Schüler der Konrad-Hentrich-Schule in Leinefelde ihre Projekte vorstellen.
Bereits auf dem Schulhof wies ein großer “Holzbau” auf eines der Projekte hin. Es war viel zu groß für eine Vorstellung im Klassenraum: Drückjagdbock – so ist dessen genaue Bezeichnung. Was es damit auf sich hat, wurde dann ausführlich erklärt, zuerst in einem Rollenspiel auf dem Schulhof. Jagdszenen wurden von den vier Schülern nachgespielt, die sich dieses Projekt ausgedacht und vollendet haben. Sogar das Jagdhorn wurde mit “Sau tot” live geblasen. Dem erlegten Tier erweisen Jäger so die letzte Ehre.
Im Klassenraum wieder angekommen, verfolgten die Prüfer und Schüler der 9. Klasse sehr aufmerksam das weitere Geschehen, die Projektpräsentation. Alles, was zur Jagd gehört, war als Dekoration sehr eindrucksvoll dargestellt.
Marvin Michalek, Paul Schönekäs, Jonathan Sippel und Florian Werner sind befreundet und wollten ein Projekt gemeinsam stemmen. Im Juni vergangenen Jahres wurde die Idee zum Drückjagdbock geboren. Es handelt sich um einen mobilen Jagdsitz, der unproblematisch immer mal an einer anderen Stelle aufgebaut werden kann. Vor dem Team stand eine große Aufgabe. Schließlich sollte der Drückjagdbock nicht als Modell, sondern so gestaltet werden, dass ein Jäger ihn dann nutzen kann.
Zunächst mussten Partner und Sponsoren gefunden werden. Die Familien wurden in die Projektarbeit mit eingespannt. Die ersten Wochen dienten dazu, alles zu ordnen, wer macht was, wo kommt das Material her, wie wird es zeitlich machbar sein. Und wer einen fahrbaren Jagdsitz bauen möchte, braucht natürlich einen fahrbaren Untersatz. Den konnte der Vater von Paul Schönekäs besorgen. Der Zahn der Zeit hatte zwar an dem kleinen Anhänger schon mächtig genagt, aber die Schüler machten ihn wieder flott.
In der Präsentation gab es dann einen kleinen Crashkurs zur Holzverarbeitung, denn die Schüler lernten u.a. wie aus einem Baumstamm Kanthölzer wurden und belegten ihre Erfahrungen mit Bildern und Videos aus einem Holzwerk. Stück für Stück wurde das Projekt realisiert. Es war schon ein besonderes Projekt: das Holz kommt direkt aus dem Wald und das fertige Produkt steht wieder im Wald. Der Chef vom Unternehmen Mobiles Sägewerk, Frank Gunkel, war davon begeistert. Bis das Holz kam, machten die Schüler solange mit dem theoretischen Teil weiter. Denn die Zeit bleibt ja nicht stehen. Das Sägewerk unterstützte in diesem Jahr mehrere Schülerprojekte an der Konrad-Hentrich-Schule.
Am 6. Januar 2024 konnte dann mit dem eigentlichen Bau des Drückjagdbockes begonnen werden. Die Schüler lernten dabei mit verschiedenen Handwerken umzugehen und beherzigen auch den Arbeitsschutz dabei.
Alle vier konnten das Projekt sehr gut erklären und ihre Projektarbeit entsprechend präsentieren. Die Schüler der 9. Klasse konnten im Anschluss Fragen stellen, da sie ja in einigen Monaten auch mit ihrer Projektarbeit beginnen sollten. Natürlich wollte auch das Prüfungsteam mit Schulleiterin Sigrid Ullmann, Ingo Fritsch und Thomas Fuhlrott noch einiges wissen. So u.a. wer hat welche Stärken in die Projektarbeit einfließen lassen, wie sind sie mit Problemen umgegangen und wie war die Arbeit als Team.
Man erfuhr auch, dass es nicht einfach war, alles unter einen Hut zu bringen: Schule, Privates, Projektarbeit, Hobbys. Nicht immer konnten alle vier gemeinsam am Projekt arbeiten. Aber die vier haben nie aufgegeben, schließlich seien sie beste Freunde. Marvin und Jonathan kennen sich schon sehr gut mit der Jagd aus und konnten ihr Wissen weitergeben. Paul hat die Gruppe immer wieder angespornt und Florian Werner konnte das Projekt auch mit geschichtlichen Kenntnissen und Exponaten vertiefen.
Schließlich gaben die vier den 9ern noch wertvolle Tipps mit auf den Weg zu ihrer Projektarbeit. Sie sollen sich ein Thema auswählen, das ihnen auch Spaß macht, was künftig nicht in einer Ecke verstaubt oder vor den Füßen rumliegt, sondern gebraucht wird. Wichtig sei auch, möglichst gleich zu beginnen, wenn die Idee da ist. Und sie sollen vor allem hartnäckig bleiben und sich von Problemen nicht unterkriegen lassen.
Als das Projekt von Marvin, Jonathan, Paul und Florian mit Bildern, Texten und Videos fertig war, wollten sie sich das Ergebnis anschauen. Sie waren entsetzt. Die Tafel war nicht mit dem Stick konform und hatte alles durcheinander gebracht. Glücklicherweise konnten die vier alles rechtzeitig ordnen.
Für einen Außenstehenden ist die Präsentation eines solchen Projektes sicher eine neue Erfahrung. Respekt vor dem Wissen und vor allem auch der praktischen Ausführung und Darlegung. Auch Schulleiterin Sigrid Ullmann ist von der Qualität der Projektarbeiten in diesem Jahr sehr überzeugt. Die beiden 10. Klassen mit insgesamt 30 Schülern haben neun Projekte erarbeitet, ein Fitnesskurs für 5. Klassen, eine Gartenbibliothek für den Schulhof, eine Blutspendeaktion, Digitale App Schulrundgang, Sterne Projekt mit Tierkreiszeichen, Schulsysteme anderer Länder, Pro und Kontra Schuluniformen und ein Imagefilm.
Für Schüler ist solch eine Projektarbeit eine große Herausforderung, von der Ideenfindung bis zur gemeinsamen Lösung und Fertigstellung. Sie spüren, was Teamarbeit bedeutet, gehen durch Tiefen und erreichen Höhen. Diese Projektarbeit habe ihre Freundschaft gefestigt, erklärten die vier. Und sie sind dankbar, dass sie Partner an ihrer Seite hatten, auf die sie sich verlassen konnten. Danken möchten sie vor allem auch den Eltern.
Ilka Kühn