Die Wogen schlagen hoch, wenn es um das Thema des geplanten Kaliabbaus in Bernterode/Schacht geht. Die Bürgerinitiative Eichsfeld Wipperauekämpft um den Erhalt von Natur und Umwelt. Nach den Plänen von Südharz-Kali sollen in Bernterode auch 50 Meter hohe Gebäude entstehen. Von Susanne Rogge aus Bernterode haben wir dazu folgenden Leserbrief erhalten:

Susanne Rogge reagiert auf einen in einer Tageszeitung veröffentlichten Artikel vom 22. März 2023 von ehemaligen Kalikumpeln aus Bischofferode. Sie schreibt:

„Es gibt Aussagen, die man nicht unkommentiert stehen lassen kann. Da machten sich vier ehemalige Bischofferöder Kalikumpel daran, eine Lanze für den Bau des geplanten Kaliwerkes in Bernterode zu brechen. So weit, so gut, ein jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung.
Aber einige Äußerungen der beteiligten Herren ließen mir als Anwohnerin die Haare zu Berge stehen. So zum Beispiel, man möge sich doch mit Südharz-Kali einigen und ihnen die Häuser verkaufen…..

Aber hier wohnen Menschen zum Teil seit Generationen in ihren Häusern! Da wurde angebaut, umgebaut und modernisiert. Da gibt es geschätzte und gemochte Nachbarn und Freunde. Und auch, wenn in Bernterode/Schacht nur gut 100 Menschen leben, so ist es doch eine Dorfgemeinschaft, die auf dem Spiel stände!

Des weiteren möchte ich darauf hinweisen, dass es sich mit Bernterode/Schacht nicht um ein reines Industriegebiet handelt, sondern um ein Mischgebiet. Als die finanzielle Situation der Gemeinde nach der Wende Anfang der 1990er Jahre die Umwidmung in ein Mischgebiet nötig machte, standen bereits alle heute bestehenden Häuser an ihrem Platz. Wir haben es uns also nicht ausgesucht, plötzlich nicht mehr in einem Wohngebiet zu leben. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass die damaligen Gemeinderatsmitglieder mit ihrem Beschluss die Ansiedlung eines solch riesigen Industriekomplexes im Sinn hatten!

Zum erwähnten besonderen Verhältnis der Kalikumpel untereinander möchte ich etwas anmerken: kann es eventuell sein, dass eher der gewohnte Zusammenhalt aus DDR- Zeiten und später der gemeinsame Kampf um den Erhalt des Bischofferöder Kaliwerkes der Grund für den starken Zusammenhalt der Kumpel untereinander war? Wäre es in der heutigen Ellenbogengesellschaft wirklich immer noch das Gleiche? Und wäre der Zusammenhalt auch dann gegeben, wenn die Arbeiter aus aller Herren Länder kämen, weil im Landkreis Eichsfeld oder in Nordthüringen nicht genug Arbeitskräfte aufzutreiben wären, um 500-700 Stellen zu besetzen?

Niemand will die Bedeutung des Kaliabbaus für Nordthüringen in der Vergangenheit in Abrede stellen. Und dass die Schließung des Kalibergwerkes „Thomas Müntzer“ in Bischofferode seitens der Treuhand ein himmelschreiendes Unrecht war, steht außer Frage. Wie genau jedoch verhindert werden soll, dass ausgerechnet „K+S“ den Betrieb des geplanten Kaliwerkes übernimmt, das kann wahrscheinlich auch keiner der vier befragten Kalikumpel sagen. Die Fa. Südharz-Kali stellt sich als Bergwerkentwickler vor, nicht als Betreiber. Diese Aufgabe würde also eine andere Firma übernehmen. Wenn es ganz dumm zugeht, dann betreibt womöglich genau die Firma das geplante Bergwerk, die damals von der Schließung der Grube in Bischofferode am meisten profitiert hat!

Was mich jedoch viel mehr wundert, ist, dass die geplanten Mengen an Wasser, Gas und Energie, deren Bedarf Südharz-Kali angibt, keinen Aufschrei der Empörung hervorrufen! In einer Zeit, in der seitens der Bundesregierung die Verwendung einer Wolldecke empfohlen wird, um den Gas-und Ölverbrauch zu senken. Wo darauf hingewiesen wird, dass tägliches Duschen unnötig ist und es ein Waschlappen auch mal tut: da wird mit dem stündlichen Bedarf von 75 Kubikmetern Wasser geplant und niemanden scheint es zu stören! Zum Vergleich: Wir haben als 5 Personenhaushalt im Jahr 2023 insgesamt 102 Kubikmeter Wasser verbraucht. ( Keine Angst, wir duschen und baden regelmässig und verfügen über zwei Waschmaschinen).

Da wird ein Gasbedarf von 420 000 Megawattstunden im Jahr angegeben. Ich bin kein Fachmann, aber wieviele Wohnhäuser könnte man damit wohl beheizen, ohne auf Wolldecken zurückgreifen zu müssen? Die Reststoffe sollen übergangsweise auf einer Halde gelagert werden. Wie will man verhindern, dass bei Regen salzhaltige Gewässer im Boden versickern? Wie will man verhindern, dass Salz über den Boden ins Grundwasser oder in Rhin und Wipper gelangen? Soll die Halde überdacht werden??

Zur Zeit wird die geplante Fläche als Ackerland genutzt. Selbst wenn die Halde nur temporär errichtet wird, kann an dieser Stelle jemals wieder Weizen oder Raps angebaut werden, so wie bisher?

Was ist mit dem prognostizierten Co2 Ausstoß von 590 000 Tonnen pro Jahr? Damit wäre Südharz-Kali 2030 Emissionsverursacher von 2,8 Prozent der Treibhausgase der gesamten deutschen Industrie!

Wo sind in Zeiten des Klimawandels die Umweltverbände und politischen Gruppierungen, wenn es um solche Fragen geht??

Das geplante Bergwerk in Bernterode und Bernterode/Schacht ist nicht das Privatproblem der Anwohner! Die Auswirkungen beträfen nicht nur die Bewohner des Eichsfelder Kessels, sondern alle Einwohner des Eichsfelds und als Anrainer der Wipper Menschen in ganz Nordthüringen.
Wachen Sie auf, bevor es zu spät ist!“

Susanne Rogge, Bernterode/ Schacht