Liebe Bürgerinnen und Bürger,
wie verletzlich unser sonst weithin so kraftvoll erscheinendes Leben ist, erleben wir gerade in diesen Tagen mit den thüringenweit nahezu höchsten Corona-Infektionen, von denen eine jede schlussendlich eine höchst persönliche ist. Die täglichen Fallzahlen werden aufmerksam und sorgenvoll gelesen, von denen der Bericht über die „Genesenen“ mit vorsichtiger Erleichterung aufgenommen wird.
Dazwischen liegt eine nur schwer zu greifende Mischung von Vorsicht, Sorge und Angst. Das selbstverständlicher gewordene Befolgen der ständig medial wiederholten Schutzmaßnahmen lässt erahnen, wie sehr – zumindest die Risikogruppen – die latent vorhandene Infektionsgefahr anerkannt haben.
Diese weltweit gefürchtete Gesundheitsbedrohung einfach zu leugnen oder frech in den Wind zu schlagen, soll wohl mutig erscheinen, ist aber nur dumm und lächerlich. Gleiches gilt für die auch bei uns zuweilen hörbaren absurden Erklärungsversuche oder so manche neunmalkluge Besserwisserei, bis hin zu deren Instrumentalisierung für ganz andere politische Absichten.
Für angezeigt halte ich demgegenüber gerade jetzt ein sehr hohes Maß an Respekt – vor der Infektionsgefahr ebenso, wie vor der Sorge des anderen, leichtsinnig in vermeidbare Risiken gebracht zu werden. Und trotzdem muss dieses noch lange nicht bedeuten, handlungsunfähig in den alltäglichen Belangen zu erstarren. Es geht um eine anspruchsvollere Qualität von Gleichzeitigkeit zwischen Abstand und Nähe im Sinne eines viel bewussteren Verhaltens, als uns dieses in unbeschwerten Tagen abverlangt wird. Ebenso wünschenswert wäre es, weniger über die Ungerechtigkeit der verhängten Restriktionen zu lamentieren, als deren Sinnhaftigkeit mit dem Ziel der Kontaktminimierung einfach und stillschweigend zu befolgen.
Ungeachtet dessen ist es aber auch gut zu wissen, dass die Hilfestrukturen im Landkreis funktionieren. Im Gesundheitsamt sind rund um die Woche 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ständig mit den Belangen der Kontaktnachverfolgung, dem Management der großen Testaktionen, der telefonischen Beratung oder auch der vielen behördlichen Tätigkeiten befasst, welche sich im Kontext der Pandemie für uns ergeben. Zu der hier arbeitenden Mannschaft gehören seit Wochen 8 Soldaten der Bundeswehr und neuerdings auch vier Mitarbeiter der Kreissparkasse sowie zwei Mitarbeiter der Eichsfeldwerke.
Dankbar bin ich auch für die erbrachten Leistungen des Rettungsdienstes, des Krankenhauses, der niedergelassenen Ärzte oder der Hilfskräfte des DRK.
Alles in allem setzen wir auf die Vernunft unserer Menschen, wenngleich auch viele Infektionen Ergebnis von vermeidbarem Leichtsinn gewesen sind. Passen Sie auf sich und andere auf und ermahnen Sie auch dort, wo es angebracht erscheint. Halten Sie aber auch jene zurück, welche sich leicht von anderen aufhetzen lassen oder in einer Art Großmannssucht Corona zum Anlass nehmen, um sich von realitätsfernen extremen Anarchien anstecken zu lassen. Auch hier geht es um Schutz und Distanz. Nur so werden wir uns wirksam der Pandemie erwehren und hoffentlich im neuen Jahr einen wirksamen Impfschutz erfahren.
Dr. Werner Henning