Im Gespräch mit dem Leinefelde-Worbiser
Bürgermeister Marco Grosa zur Debatte um das Eichsfeld Klinikum
Am vergangenen Mittwoch hatte der Kreistag in Heilbad Heiligenstadt getagt. Ein Tagesordnungspunkt war das Eichsfeld Klinikum mit dem Beschluss, dass die Akutversorgung nach Reifenstein kommt und der Landrat befähigt wird, in der Gesellschafterversammlung abzustimmen unter der Voraussetzung, dass der Aufsichtsrat eine einstimmige Empfehlung zu einer künftigen Entwicklungsstrategie des Klinikums an die Gesellschafterversammlung ausspricht. Es gab eine recht hitzige Debatte um fehlende Informationen vom Landkreis, der ja zu einem Drittel Gesellschafter ist. Wir befragten Marko Grosa nochmal zum Thema:
Herr Grosa, wie bewerten Sie das Abstimmungsergebnis im Kreistag drei Tage später?
Ich meine, dass es noch nie so ein knappes Abstimmungsergebnis gegeben hat. Wenige Tage zuvor sah ich mich mit unserer Auffassung zur mangelnden Information in diesem Thema noch recht allein und plötzlich sieht es fast die Hälfte des Kreistages genauso. Insofern würde ich die Abstimmung sogar als Erfolg ansehen und als deutliches Signal, dass es die Kreistagsmitglieder satt haben, persönliche Meinungen als fertige Beschlussvorlagen nur noch abstimmen zu wollen, ohne dass ein Austausch dazu stattfinden darf.
Was meinen Sie, warum ist es zu diesem Abstimmungsergebnis gekommen?
17 Kreistagsabgeordnete haben sich nicht ausreichend informiert gesehen oder Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses gehabt. Die drei Enthaltungen lassen ebenfalls darauf schließen, dass man sich unsicher war, zu wenig Wissen hatte oder dass ebenfalls Zweifel am Beschluss bestanden haben. Genau genommen hatten wir damit eine Entscheidung von 20 zu 21 Stimmen. Frau Tüngerthal und Herr Funke konnten leider nicht an der Sitzung teilnehmen, ansonsten wäre der Beschluss vielleicht gar nicht zustande gekommen.
Bei den Stimmen dafür handelt es sich in erster Linie um Heiligenstädter, die eine höhere Wirtschaftlichkeit mit einem Zentralneubau einfach ausgeblendet haben und für sich die 60 Millionen Euro Investitionen in Heiligenstadt als Ziel bestimmten. Mit der Salbe der Investitionen in Reifenstein hat man auch die Niederorschler „gekauft“. Wer nicht aus Heiligenstadt und Niederorschel war, unterlag aus meiner Sicht nur dem vermeintlich existierenden Fraktionszwang, denn umfassender informiert können die Allerwenigsten gewesen sein.
Damit ist ein über Jahre vorbereitetes Vorhaben zu diesem Abstimmergebnis gelangt. Die Stadt Leinefelde-Worbis wird den Weg dorthin von der Absetzung Eckart Lintzels als Aufsichtsratsvorsitzenden, über die Stiftungsübernahme in Worbis von Heiligenstädter Verantwortlichen, bis hin zur Verhinderung meiner Person im Aufsichtsrat in einer eigenen Publikation in den nächsten Wochen umfassend darstellen.
Halten Sie das Verbauen von 60 Millionen Euro am Standort Heiligenstadt für realistisch?
Geld verbauen ist heute relativ einfach und da alle Gutachten belegen, dass ein Festhalten an Altstandorten mit dortigem Umbau 40 Prozent teurer sind, kann man 60 Millionen Euro an diesem Standort schneller verbauen als auf der grünen Wiese. Man muss jedoch kein Städtebauplaner sein, um zu erkennen, dass wir in Heiligenstadt mit dem Nadelöhr der Zuwegung die engsten Voraussetzungen aller drei Standorte besitzen. Aus hiesiger Sicht erscheint das Krankenhaus schon heute verbaut, und das Grundstück ist nicht in der Lage zu atmen.
Ein Erweiterungsbau kann sich also nur in Richtung Himmel bewegen und das Vorstellungsvermögen für einen solchen Bau im laufenden Betrieb, einschließlich eines Parkhauses, hält sich sehr in Grenzen. Bei einer gewissen Vernunft hätten das auch die Heiligenstädter so gesehen und einen Ersatzneubau, an welcher Stelle auch immer, favorisieren müssen.
Was meinen Sie, werden die Bewohner Ihrer Stadt das Krankenhaus in Heiligenstadt annehmen?
Zur Beantwortung dieser Frage könnte man vielleicht sogar schon die Zahlen über die Geburten in Duderstadt und Heiligenstadt heranziehen. Die Mütter des Altkreises Worbis haben in überwiegenden Teilen ihre Kinder in Duderstadt zur Welt gebracht, als es dort noch die Geburtsstation gab. Wenn am Ende nur noch das Krankenhaus in Heiligenstadt übrig bleibt, wird sich das Nutzungsverhalten auch bei anderen medizinischen Leistungen eher wieder nach Duderstadt oder Nordhausen entwickeln. Ein zentraler Neubau wäre sehr wahrscheinlich eher angenommen worden, wenn er geographisch günstiger läge.
Geben Sie die für einen möglichen Neubau untersuchten Standorte jetzt auf?
Klare Antwort – NEIN! Mit dem Wissen über die Rahmenbedingungen für die Fördermittel können wir davon ausgehen, dass es weder eine Förderung für eine Mehr-Standort-Lösung noch für das Krankenhaus im Wald geben wird. Die Fördermittelvorgaben zielen eindeutig auf einen zentralen Neubau ab, weshalb ich mir sicher bin, dass das Thema innerhalb des nächsten Jahres wieder auf dem Tisch zurück ist. Deshalb halten wir insbesondere an der durch die Stadt schon erworbene Fläche von vier Hektar zwischen Heiligenstadt und Beuren fest. Für die Gesamtbetrachtung erschwerend kommt noch hinzu, dass sich zwischenzeitlich auch ein anderer Klinikbetreiber für diese Fläche interessiert, was dann aber eine unmittelbare Konkurrenz zu dem verbleibenden Fragment des vormaligen Eichsfeld-Klinikums wäre.
Wie stehen Sie zu der Aussage Ihres Amtskollegen aus Heiligenstadt, dass die Diskussion um einen zentralen Neubau geschadet hat?
Das sehe ich umgekehrt proportional. Ich bin der Meinung, dass die Diskussion über ein zentrales neues Krankenhaus vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Hoffnung gegeben hat, und es hätte aus meiner Sicht auch keine Verlierer gegeben. Von allen Standorten wären alle in das zentral gebaute neue Eichsfeld-Klinikum gewechselt.
Ich kenne schon Meinungen von Worbisern Mitarbeitern, die in Heiligenstadt aufgenommen wurden, als hätten sie früher nur „Husten und Schnupfen“ behandeln können.
Mit der Entscheidung steht uns jetzt die größte Fluktuation erst bevor. Mit dem Nehmen der Hoffnung eines zentralen Neubaus werden sich viele neu orientieren und das Eichsfeld-Klinikum verlassen. Mit seiner Aussage hat mein befreundeter Amtsbruder mehr für seine Stadt gekämpft, als er selber daran glaubt, dass es für die Mitarbeiter so das Beste sei.