Unter dem Vorsitz des baden-württembergischen Innenministers Thomas Strobl tagte die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren (IMK) vom 2. bis 3. Dezember 2021 inzwischen zum zweiten Mal im Hybridformat. Der Thüringer Minister für Inneres und Kommunales, Georg Maier, nahm ebenfalls online an der Konferenz teil. Über 80 Tagesordnungspunkte galt es zu behandeln.
Stuttgarter Erklärung
„Auf Worte folgt Hass, auf Hass folgt Gewalt. Wie eng die digitale und reale Welt verzahnt sind, hat u.a. der Anschlag von Halle gezeigt“, resümiert Innenminister Maier mit Blick auf die von den Innenministerinnen, Innenministern sowie Senatoren geschlossene Stuttgarter Erklärung. Das Netz, so Maier, biete den Tätern Anonymität und senke so die Hemmschwelle zur Tat enorm. Mit dieser Erklärung treten wir dem entschlossen entgegen. „Vor allem die Technologiekonzerne in die Verantwortung zu nehmen, ist ein großer Schritt, um die Keimzellen des Extremismus zu bekämpfen“, so Maier anlässlich der Unterzeichnung.
Hass und Hetze gemeinsam die Stirn bieten – online und offline. Kein Platz für Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Homophobie, Rechtsextremismus und jede andere Art von Extremismus. Das ist das Signal, dass diese Woche von Stuttgart ausgeht. Vor dem Hintergrund zunehmender Radikalisierung im Netz setzt sich die IMK für Regelungen ein, die eine eindeutige Identifizierbarkeit von Straftäterinnen und Straftätern im Internet ermöglichen. Zudem werden die Betreiber sozialer Netzwerke durch neue Regelungen im Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) ab dem 1. Februar 2022 dazu verpflichtet, rechtswidrige Inhalte an das Bundeskriminalamt (BKA) sofort zu melden.
Langfristig sollen bessere Meldestrukturen gefördert werden, um den bestehenden Anforderungen gerecht zu werden. Dazu gehören beispielsweise die effiziente Anzeigenerstattung in zentralen Meldestellen für digitale Hasskriminalität. Darüber hinaus sollen die Präventionsprogramme für Bürgerinnen und Bürger ausgeweitet werden.
Sicherheitslage Corona
Mit Blick auf die Entwicklungen während der Corona-Pandemie betonte die Innenministerkonferenz, dass angesichts zunehmender Proteste und gezielter Falschmeldungen zum Pandemiegeschehen es weiterhin Anstrengungen aller erfordert, diesen Einhalt zu gebieten. „Die Sicherheitsbehörden sind hier besonders gefordert. Extremisten versuchen immer mehr und nachdrücklicher Versammlungen und Demonstrationen gegen Corona-Schutzmaßnahmen zu missbrauchen und ihre Theorien in breitere Kreise der Bevölkerung zu tragen. Solche Entwicklungen müssen wir entschlossen entgegentreten“, statuiert Maier.
Schwerpunkt: Katastrophenschutz
Den Betroffenen der Flutkatastrophe des diesjährigen Sommers galt das aufrichtige Mitgefühl der Innenministerinnen, Innenminister und Senatoren. Aber auch denen, die unter mühsamsten Bedingungen an der Bewältigung dieser Katastrophe mitgewirkt haben und immer noch mitwirken, sprach die IMK ihren besonderen Dank und Respekt aus. Aus der Analyse des Katastrophenereignisses resultierten eine Reihe von Beschlüssen, die den Katastrophenschutz für die Bevölkerung in Zukunft noch effizienter und das Leben in den besonders betroffenen und bedrohten Gebieten noch sicherer machen sollen. „Solch katastrophale Folgen für die Menschen, die Infrastruktur und Wirtschaft müssen in Zukunft verhindert werden. In diesem Sinne hebe ich den Bundesratsbeschluss vom vergangenen Freitag zur Einführung von Cell Broadcast hervor. Dies ist ein wirksames Instrument, im Katastrophenfall regional und vor allem rasch via SMS die Bürgerinnen und Bürger warnen zu können. Wir retten damit Menschenleben“, betont Maier nachdrücklich.
In diesem Zusammenhang begrüßte die Konferenz den Entwurf einer Vereinbarung über die Errichtung eines Gemeinsamen Kompetenzzentrums Bevölkerungsschutz des Bundes und der Länder. Mit diesem Zentrum, so der Minister, wird ein bedeutender Grundstein dafür gelegt, durch eine enge, länder- und ressortübergreifende Zusammenarbeit für kommende Katastrophenfälle gewappnet zu sein. „Die Gefahrenlagen im letzten Jahr haben gezeigt, dass gutes Krisenmanagement im Sinne eines effektiven Bevölkerungsschutzes nur ein gemeinsames sein kann. Dadurch sind wir alle besser vor den klimatischen Herausforderungen der Zukunft geschützt“, kommentierte Maier und begrüßt die baldige Unterzeichnung der Vereinbarung.
Ein weiterer Pfeiler des verbesserten Katastrophenschutzes soll die erweiterte Stabsausbildung an der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung darstellen. Dazu gehören ausgeweitete Ausbildungs- und Übungsangebote für sämtliche Verwaltungs- und Katastrophenschutzstäbe. „Auch dies ist eine unmittelbare Lehre aus den jüngsten Gefahren- und Katastrophensituationen. Zur effizienten Struktur und moderner Technologie gehört eben auch geschultes Personal. Das sehen wir momentan in der Kranken- und Intensivpflege, aber das gilt natürlich ebenso in allen Bereichen des Krisenmanagements“, hob Maier hervor.
Schwerpunkt: Cybersicherheit
Seitens der IMK fand die Cybersicherheitsstrategie der Bundesregierung allgemeine Anerkennung, vor allem für die intensive Verzahnung der Aktivitäten im Bereich IT-Sicherheit auf Bundes- und Landesebene. Maier dazu: „Cybersicherheit muss in der Breite auf der Agenda der Ressortchefinnen und Ressortchefs bleiben. So wie Kriminelle zunehmend Netzwerke für ihre Ziele missbrauchen, müssen wir auf ebenso hohem technischen Niveau und den nötigen personellen Ressourcen dieser Form von Kriminalität die Stirn bieten. Die digitalen Grauzonen sind nicht nur eine Gefahr für die Bevölkerung und Behörden. Nein, zunehmend leidet auch die Wirtschaft unter Cyberangriffen.“ ergänzte Innenminister Maier. In diesem Kontext steht auch die Forderung der IMK sich dem Thema der Erpressung von Lösegeldern durch Cyberangriffe anzugehen. Denkbar sei hier die Möglichkeit, die Erstattung von Lösegeldzahlungen durch Cyber-Versicherungen zu verbieten, um den kriminellen Tatgewinn zu minimieren. „Letztlich spekulieren die Kriminellen doch genau auf den Versicherungsfall und bauen Cybercrime weiter zum Geschäftsmodell aus“, betont der Minister.
Schwerpunkt: Extremismus
Basierend auf einer Initiative des Freistaats Thüringen aus dem vergangenen Jahr hat sich die Konferenz unter anderem mit der Aufdeckung relevanter Finanzströme und Einnahmequellen im Rechtsextremismus beschäftigt. „Vor 10 Jahren endete die Mordserie des NSU. Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus gilt es auf allen rechtsstaatlichen Wegen entschlossen zu bekämpfen. Dazu gehören insbesondere die Geldströme. Haben wir die Finanzströme im Blick, haben wir auch die Kriminalität und den Extremismus im Blick“, stellte Minister Maier heraus. Die IMK sieht es deshalb als erforderlich an, den rechtlichen Handlungsrahmen an die Herausforderungen der Extremismusbekämpfung zu verbessern. Vor allem ist die Schwelle für Finanzermittlungen abzusenken.
Schwerpunkt: Bekämpfung Straftaten gegen Frauen
Die IMK hat sich zum wiederholten Male mit diesem wichtigen Thema befasst. Sie nahm einen ersten Bericht zu Kenntnis, der sich mit unter anderem mit Fragen der einheitlichen Definition des Deliktsfeldes und besseren Bekämpfungsmaßnahmen befasst. „Die Gewalt durch männliche Täter gegenüber Frauen, die sich teilweise durch schwerste Straftaten, aber ebenso auch durch Drohungen, Beleidigungen oder Nötigungen im digitalen Raum zeigt, ist für die Sicherheitsbehörden weiter ein Handlungsschwerpunkt. Die Verbesserung der Prävention und die Forcierung einschlägiger Forschung über die Hintergründe dieses Phänomens müssen weiter auf der Tagesordnung bleiben“, so der Innenminister.
Schwerpunkt: Geldautomatensprengungen
Schließlich befasste sich die IMK mit den bundesweit häufig festzustellenden Straftaten durch Geldautomatensprengungen und nahm einen entsprechenden Bericht zur Kenntnis. Sie erachtet es für erforderlich, dass Hersteller und Betreiber von Geldautomaten noch stärker Maßnahmen zur Sicherung von Geldautomaten ergreifen und bittet des BMI, sich innerhalb der Bundesregierung für eine Prüfung einer entsprechenden rechtlichen Verpflichtung einzusetzen.