Sonderausstellung im Grenzmuseum Schifflersgrund zum politischen Kindesentzug – zu sehen bis 30. Juni 2024
Sébastian Rosenfeld 1976. Er wurde während der Zeit der Militärdiktatur in Argentinien im Foltergefängnis ESMA geboren und danach seiner Mutter weggenommmen. Seine Eltern sind nie wieder aufgetaucht.
Foto: Pressefoto Ausstellung Stolen Children / Archiv Abuelas de Plaza de Mayo / Privatarchiv Sébastian Rosen-
feld .
Asbach-Sickenberg. Der Verlust eines Kindes – sei es durch Tod oder Krankheit, Verschwinden oder gewaltsame Einwirkung – ist eine der schlimmsten Erfahrungen für Familien. Meist reicht die Drohung, die Kinder wegzunehmen oder ihnen Leid anzutun, um Eltern gefügig zu machen. Die neue Sonderausstellung am Grenzmuseum Schifflersgrund zeigt, wie Menschen, Familien und Gemeinschaften durch politisch motivierten Kindesentzug zerstört wurden.
Es werden Biographien von Betroffenen aus Argentinien, Deutschland, El Salvador, Kanada, der Sowjetunion und Spanien in ihrem jeweiligen historischen Kontext vorgestellt. Sie vermitteln die verheerenden Folgen für die Opfer.
Das nationalsozialistische Deutschland verschleppte im Rahmen seines rassistischen Eroberungs- und Vernichtungskrieges Kinder aus den besetzten Gebieten. In der Sowjetunion machten Stalins Säuberungen auch vor dem Nachwuchs angeblicher „Staatsfeinde“ nicht halt. In der DDR gehörte die Drohung, die Kinder wegzunehmen, zum Repertoire politischer Repression und Disziplinierung. In Kanada wurden Kinder aus rassistischen Gründen aus den indigenen Gemeinschaften gerissen, um sie zur Anpassung an die „weiße Gesellschaft“ zu zwingen.
Ähnliches geschah in den USA, Australien und Neuseeland. Auf diese Weise wurden Familien, aber auch Sprachen und Kulturen zerstört. Indigene Familien waren oft die ersten Opfer der Bürgerkriege in Mittel- und Lateinamerika. So etwa in El Salvador, wo die Familien zwischen die Fronten gerieten und Tausende Kinder verschwanden. In Spanien und Argentinien bekämpften die Militärdiktaturen ihre Gegner mit Terror, der sich ausdrücklich auch gegen deren Kinder richtete.
„Die Ausstellung rückt ein bedrückendes Thema in den Vordergrund und macht deutlich, dass autoritäre und totalitäre Regime nicht davor zurückschrecken, Kinder zu rauben“, betont Museumsleiter Dr. Christian Stöber. „Leider ist das nicht nur Vergangenheit, denn aktuell werden unter anderem im Rahmen des russischen Angriffskrieges ukrainische Kinder verschleppt“, so der Historiker.
Die Ausstellung umfasst 25 Tafeln mit Texten, historischen Fotos und Dokumenten sowie CR-Codes, die zu Interviews, Liedern oder auch Filmbeiträgen verlinken. Herausgeber der Ausstellung sind die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und die Elisabeth-Käsemann-Stiftung.