Bedingt durch die Corona-Pandemie finden aktuell noch keine Veranstaltungen im Grenzlandmuseum Eichsfeld statt. Dennoch gedachten die Vorsitzenden des Trägervereins des Grenzlandmuseum Eichsfeld, Horst Dornieden (mitte) und Wolfgang Nolte (re) heute, am 17. Juni 2021, mit einer Kranzniederlegung der Opfer des SED-Unrechts. Links im Bild Mira Keune, Geschäftsführerin und Leiterin des Grenzlandmuseum Eichsfeld.
Am 17. Juni 1953 zeigten eine Million Menschen, dass es in der DDR eine Freiheitsbewegung gegen die Gewaltherrschaft der SED gab. Sie demonstrierten für bessere Lebensbedingungen, Demokratie und Freiheit und die deutsche Einheit. Mit Gewalt wurden die Demonstrationen beendet, mehr als 50 Menschen starben, Tausende wurden inhaftiert. Der Volksaufstand in der DDR war der erste Aufstand in den kommunistischen Staaten Ostmitteleuropas. 1956 folgten Aufstände in Ungarn und Polen, 1968 die Niederschlagung der Reformbewegungen des „Prager Frühlings“ in der Tschechoslowakei.
Horst Dornieden und Wolfgang Nolte erinnern anlässlich dieses bedeutenden Tags der deutschen Demokratiegeschichte an die Opfer der deutschen Teilung und des Grenzregimes der DDR. „Im Eichsfeld mit seiner besonderen, über Jahrhunderte gewachsenen, von gelebten familiären und kulturellen Bindungen zwischen den einzelnen Dörfern geprägten regionalen Identität empfanden die Menschen diese Teilung als besonders schmerzlich,“ berichtet Wolfgang Nolte. Im Mai 1952 begann die DDR mit der Abrieglung der rund 1.400 km langen innerdeutschen Grenze mit ersten Grenzsperranlagen, einem fünf km tiefen Sperrgebiet und der ersten groß angelegten Aktion von Zwangsaussiedlungen, die heute unter dem Namen „Aktion Ungeziefer“ bekannt ist. Zu den mehr als 8.000 Betroffenen, die dabei ihre Heimat verloren, zählte die Familie von Horst Dornieden.
Neun Jahre später, am 13. August 1961, schloss die SED mit dem Bau der Berliner Mauer das letzte verbliebene Schlupfloch zur Flucht in die Bundesrepublik. Die „Mauer“ wurde zum Symbol der deutschen und europäischen Teilung. „Daher erinnern wir in diesem Jahr besonders an den Bau der Berliner Mauer vor 60 Jahren und seine Folgen für die Menschen auf beiden Seiten der brutalen Grenze“, so Horst Dornieden. Mit dem Mauerbau beginnt die DDR mit dem massiven und militärischen Ausbau der Grenzsperranlagen an der innerdeutschen Grenze, verbunden mit weiteren Zwangsaussiedlungen, die zentral am 3. Oktober 1961 durchgeführt wurden.
Erneut verloren mehr als 3.600 Menschen ihre Heimat. „Abriegelung, Kontrolle, Repression und Einschüchterung – so lässt sich das, was an der innerdeutschen Grenze stattfand, zusammenfassen. Es steht exemplarisch für die Diktatur in der DDR.“, so Horst Dornieden. „Das dürfen wir nicht vergessen und müssen das Wissen und die Erfahrung dieser staatlichen Willkür an die nächsten Generationen weitergeben. Dazu gehört auch der fortwährende Blick in die Stasiakten und die Auseinandersetzung mit der friedlichen Revolution im Herbst 1989, die den Weg für die Demokratie bereitet hat“, fasst Horst Dornieden die Bildungsarbeit im Grenzlandmuseum Eichsfeld zusammen.
Bedingt durch die Corona-Pandemie wird das Grenzlandmuseum Eichsfeld sein Veranstaltungsprogramm erst zum Jahrestag des Mauerbaus, dem 13. August 2021, starten. „Unser Trägerverein lädt dann auch wieder zu einer öffentlichen Kranzniederlegung ein. Wir werden zudem über das gesamte Wochenende 13. bis 15. August 2021 Angebote zur Erinnerung an die Grenzabriegelung und den Mauerbau anbieten. Unter anderem wird es ein Open-Air-Kino am Grenzlandweg geben. Aber auch Schülerprojekte wollen wir dann endlich wieder präsentieren und unsere Gedenkwanderung vom Gut Herbigshagen zum Grenzlandmuseum Eichsfeld nachholen“, erläutert Wolfgang Nolte.
Einen Ausblick auf Erinnerungstage, die die Arbeit des Museumsteams in den kommenden Jahren begleiten werden, gibt die Geschäftsführerin Mira Keune: „2022 jährt sich die Abriegelung der innerdeutschen Grenze zum 70. Mal und 2023 der Volksaufstand in der DDR. Viele Veranstaltungen und Projekte werden dazu entwickelt, damit diese Themen auf beiden Seiten der heutigen Landesgrenze nicht in Vergessenheit geraten.“