Kreistag Eichsfeld

Kreistagsitzung

Bei der 6. Sitzung des Kreistages schlugen die Wellen wie erwartet hoch. Knapp fünf Stunden saßen die Kreistagsmitglieder in der Turnhalle im Kurpark zusammen, um zu beschließen, zu debattieren. Das ging natürlich nicht ohne Meinungsverschiedenheiten einher. Ein Kreistagsmitglied zeigte dem Landrat Werner Henning für seine Informationspolitik sogar die Gelbe Karte. Die meisten Diskussionen gab es natürlich zum Thema Eichsfeld Klinikums.

Bleiben wir beim Thema Eichsfeld Klinikum und dem dafür gefassten Beschluss “Raumplanerische Festsetzung der einräumigen stationären Akutversorgung im Landkreis Eichsfeld”. Der Beschlussvorschlag, der den Kreistagsmitgliedern vorlag, lautet: 

  1. Sofern die stationäre Akutversorgung nur noch einräumig darstellbar ist, spricht sich der Landkreis Eichsfeld dafür aus, dass diese in Reifenstein stattfindet. Im Rahmen des privatwirtschaftlichen Engagements der Eichsfeld Klinikum gGmbh setzt sich der Landkreis Eichsfeld dafür ein, dass alle drei Unternehmensstandorte adäquat genutzt werden. 
  2. Unter der Voraussetzung, dass der Aufsichtsrat der Eichsfeld Klinikums Empfehlung zu einer künftigen Entwicklungsstrategie des Klinikums an die Gesellschafterversammlung ausspricht und der Beschluss ein Anerkenntnis des obigen Planungsbeschlusses enthält, empfiehIt der Kreistag des Landkreises Eichsfeld dem Landrat eine Zustimmung in der Gesellschafterversammlung.

Der Kreistag hat diesen Beschlussvorschlag mit 22 Stimmen dafür, 17 Stimmen dagegen und drei Enthaltungen gefasst. 

In der Debatte um diesen Beschluss hatte ich das Gefühl, dass es gar nicht so richtig um das Wohl der Patienten geht, sondern darum, den Standort in Heilbad Heiligenstadt zu festigen und Reifenstein weiter im “Boot” zu belassen und mit neue Aufgaben zu belegen, damit dieser altehrwürdige Standort auch seine Daseinsberechtigung hat. Oder wie kann man sich erklären, dass aus dem Krankenhaus Worbis eine Einrichtung wird, die “krankenhausnahe Dienstleistungen” anbieten soll? Was das ist, wurde im Kreistag nicht geklärt. 

Eindeutig aber war, dass es im Kreistag offensichtlich darum geht, was hat der Altkreis Heiligenstadt, was der Altkreis Worbis. Es sind keine Fakten auf den Tisch gekommen, die beleuchten, was drei verschiedene Krankenhausgebäude an drei ganz unterschiedlichen Standorten für eine logistische Herausforderung bedeuten. Nicht nur, dass Patienten für spezielle Untersuchungen/Behandlungen von einem Haus zum anderen gefahren werden müssen. Es geht um Vieles mehr, bis hin zur Essensversorgung. 

Doch darum ging es beim Kreistag nicht. Der Landrat hat immer wieder in der Diskussion hingewiesen, dass der Landkreis Mitgesellschafter sei und das Unternehmen Eichsfeld Klinikum für sich die wirtschaftliche Entwicklung entscheiden müsse. Ist das wirklich so? Warum haben wir dann drei Gesellschafter – wovon zwei irgendwie in der ganzen jahrelangen Diskussion um das Eichsfeld Klinikum – nie öffentlich in Erscheinung treten: die St. Elisabeth Stiftung und die St. Vincenz Stiftung. Das Eichsfeldklinikum ist zu über 66 Prozent in Kirchenhand.

Es gab einige, die darum baten, den Beschluss noch einmal zu überdenken und zu einem späteren Zeitpunkt zu fassen, wenn auch jeder wirklich weiß, worüber er abstimmen soll. Die Eile, die hier an den Tag gelegt wurde, warum der Beschluss unbedingt am Mittwoch durchgeboxt werden musste, war nicht nachzuvollziehen. Der Landrat sprach von Fördermitteln, die nur noch bis Ende Oktober 2020 eingereicht werden könnten. Was soll denn mit diesen Fördermitteln gemacht werden? Evtl. wieder ein Kardiologisches Zentrum – im vergangenen Jahr wurde eins in Worbis geschaffen, dass innerhalb weniger Monate genauso verschwand, wie der Herzspezialist. 

Überhaupt wandern nicht nur Ärzte und Pflegepersonal aus dem Eichsfeld Klinikum ab, auch Patienten lassen sich in den umliegenden Krankenhäusern in Niedersachsen, Hessen und im Unstrut Hainich Kreis behandeln. Und das nicht erst seit den letzten Monaten. Soll es nicht Aufgabe eines Gesellschafters sein, auch da mal ein Auge darauf zu haben? 

Offene Worte und öffentliche Informationen würden Gerüchte nicht erst aufkommen lassen und manches wäre wahrscheinlich auch dann nachzuvollziehen. Aber die fehlen offenbar. So sah es wohl auch das Kreistagsmitglied Matthias Bollwahn von der FDP, der dem Landrat zwar die Gelbe Karte zeigte, aber dem Beschluss eindeutig zu stimmte. Die Gelbe Karte wies der Landrat aufs schärfste zurück. 

Während der Heiligenstädter Bürgermeister Thomas Spielmann erklärte, dass wegen des Eichsfeld Klinikums dringender Handlungsbedarf bestünde und der Beschluss deshalb unbedingt gefasst werden sollte, sah das sein Amtskollege von Leinefelde-Worbis, Marko Grosa, doch anders. Er führte die Gutachten an, die es zum Klinikum gäbe und die eine ganz andere Entwicklung aufzeigen, nämlich alles in einem zentralen Neubau unterzubringen. Kreistagsmitglieder sollten die Chance haben, alle Gutachten einsehen zu können. Wenn es dem Kreistag nichts anginge, dann sollte er es auch nicht behandeln. Die Zeit für Informationen solle man sich nehmen, schließlich ginge es um weitreichende Entwicklungen. 

Es ginge im die Änderung im Nutzungsvertrag, nicht um die Entwicklungskonzeption des Eichsfeld Klinikums, da habe der Kreistag nichts mit zu tun, sagte Landrat Werner Henning wiederholt in der Sitzung. Einem Außenstehenden fällt es schwer dies zu glauben. Was macht dann ein Kreistag? 

Auch von der Fraktion Bündis90/Die Grünen und DIE LINKE kamen viele Fragen und Bedenken, wie sie von Michael Hoffmeier und Petra Welitschkin formuliert wurden. Michael Hoffmeier hatte zu Beginn beantragt, den Tagesordnungspunkt abzusetzen, da keine umfassenden Informationen vorlägen. Der Landrat bat darum, diesen Antrag abzulehnen, Zehn waren für den Antrag, 22 dagegen und zehn hatten sich hier enthalten.

Wir möchten hier auch einmal veröffentlichen, was in der Sachdarstellung steht zum Beschluss, um den es eigentlich geht: 

In der Sachdarstellung heißt es: 

Gemäß § 2 Thüringer Krankenhausgesetz kommt dem Landkreis ein Sicherstellungsauftrag fiir die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung zu. Ausweislich des Wortlautes des § 2 ThürKHG ist die Gewährleistung der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung durch leistungsfähige Krankenhäuser eine öffentliche Aufgabe des Landes und der Landkreise. Sie arbeiten zur Erfüllung dieser Aufgabe eng miteinander zusammen.

Der bereits bestehende Standort Reifenstein stellt aufgrund der geographischen Lage den zentralen Standort fiir die Akutversorgung aller Bürger des Landkreises Eichsfeld dar. Der Standort ist erweiterbar und wurde in den letzten Jahren bereits erheblich ausgebaut. Parkplatze können ausreichend geschaffen werden. Der Standort Reifenstein genießt n der Bevölkerung ein vergleichsweise hohes Ansehen und wird von den Bürgern geschätzt und gut akzeptiert. Die weitere Optimierung der örtlichen Infrastruktur ist an diesem Standort möglich

Für alle drei Standorte besteht ein Erbbaurechtsvertrag, in den die betreffenden Grundstücke der drei Krankenhausstandorte eingebracht worden sind. Dieser hat eine Laufzeit von 99 Jahren und verpflichtet die Vertragsparteien an den Standorten zum Betrieb von Krankenhauszwecken für die Dauer der vertraglich vereinbarten Nutzung von 99 Jahren. Sollten diese Standorte ganz oder teilweise aufgegeben werden, wurde dieses für den Landkreis Eichsfeld ein sehr hohes, existenzgefährdendes finanzielles Risiko nach sich ziehen. 

Der Landkreis Eichsfeld ist Mitglied der Planungsgemeinschaft Nordthüringen und übt in dieser Verantwortung seine raumordnerische Planungshoheit für die Soziale Infrastruktur aus. Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 6 Thüringer Landesplanungsgesetz (ThürLPLG) müssen die wesentlichen Leistungen und Einrichtungen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Einrichtungen der sozialen Infrastruktur für alle Regionen sichergestellt werden. Ein Grundsatz der Raumordnung ist die Stärkung der stationären Gesundheits- und Rehabilitationseinrichtungen zur besseren Realisierung ihrer medizinischen Versorgungsaufgabe. “Durch deren weitere Spezialisierung und ein koordiniertes Zusammenwirken untereinander…. soll eine leistungsfähige medizinische und pflegerische Versorgung in der gesamten Planungsregion Nordthüringen gesichert werden.” (Quelle: Regionalplan Nordthüringen Entwurf zur Anhörung vom Mai 2018, gleichlautend mit der Fassung des geltenden Regionalplanes Stand 2012).

Soweit die Sachdarstellung oder Begründung zum Beschluss, die Akutversorgung nach Reifenstein zu bringen. Reifenstein läge zentral. Sicher, wenn man den Blick und die Nähe auf den Unstrut Hainich Kreis legt. Ist es auch zentral für die Dörfer wie Lindewerra beispielsweise? Fahrtzeit über die Autobahn eine dreiviertel Stunde, über Landstraße eine Stunde. Da liegt doch Heiligenstadt zentraler?

Es gibt noch viele Fragen, die noch geklärt werden müssen und vor allem auch Wünsche bezüglich einer für alle nachzuvollziehenden Informationspolitik. Gemeinsam miteinander reden – das ist es eigentlich, was wir brauchen. Und wer über diese Zeilen lächelt oder erhaben ist, dem sei gesagt,  Journalisten sind auch Menschen, die das eine oder andere oftmals nicht nachvollziehen können, was da in der Politik läuft, auch nicht in der Kommunalpolitik. 

Ilka Kühn