Gestern startete zum elften Mal die Aktion „Autofasten. Alltag neu erfahren“ in Thüringen. Sie soll dazu anregen, in der Fastenzeit bis Karsamstag (16. April) öfter mal das Auto stehen zu lassen und auf das Fahrrad, den Öffentlichen Personennahverkehr oder Carsharing umzusteigen beziehungsweise zu Fuß zu gehen. Initiatoren sind der Verein Bus & Bahn Thüringen, die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) und erstmals auch das Bistum Erfurt.
„Fasten bedeutet, bewusst auf etwas zu verzichten, um neue Erfahrungen zu machen – hier mit Alternativen zum Auto. Das ist kein Spiel, sondern es ist geboten: Der Klimaschutz muss ein Thema für uns alle werden“, sagt Friedrich Kramer, Landesbischof der EKM. Die evangelische Kirche sehe im Klimawandel ein drängendes globales Problem. „Es wird nicht genügen, auf effizientere und regenerative Energie-Erzeugung zu setzen. Wir sind gefragt, unseren Lebensstil zu überprüfen“, betont der Landesbischof. Es gehe nicht darum, das Auto madig zu machen, viele Menschen seien davon abhängig. „Es geht um die kurzen Strecken, für die sich das Fahrrad anbietet, um die Bereitschaft zu Fahrgemeinschaften, darum, auf den Bus-Fahrplan zu schauen. Wir selbst haben uns vorgenommen: weniger Sitzungen, für die wir mit dem Auto anreisen, mehr Videokonferenzen – auch nach Corona“, so Kramer.
Sein Amtsbruder Ulrich Neymeyr, katholischer Bischof von Erfurt, ist ein passionierter Fahrradfahrer und damit auch außerhalb der Fastenzeit ein „Autofastender“: „Da ich gerne mit dem Fahrrad fahre, fällt mir der Verzicht auf das Auto nicht schwer. Innerhalb von Erfurt bin ich fast nur mit dem Fahrrad unterwegs. Längere Strecken fahre ich lieber mit dem Zug, sodass auch dann das Auto oft stehen bleibt. Daher fällt mir Autofasten leicht“, sagt der Bischof. In Sachen Klimaschutz sei der Bewusstseinswandel der erste Schritt zum Handeln, meint Neymeyr. Er sei darum dankbar, dass die Handlungsempfehlungen des Katholikenrates im Bistum Erfurt „Gottes gute Schöpfung feiern und bewahren“ ein ganzes Kapitel der Mobilität und ihrer umweltverträglichen Gestaltung widmet. „Jeder und Jede kann etwas tun: zum Beispiel Emissionen durch die Klima-Kollekte ausgleichen, wenn es gar nicht anders geht und mit dem Auto gefahren werden muss. Da ist vieles möglich“, so Bischof Neymeyr.
„Die Mobilitätswende ist in aller Munde. Nun sollten diesen Worten Taten folgen. Die Thüringer Verkehrsunternehmen stehen bereit und laden dazu ein, Busse und Bahnen auszuprobieren. Anlässe gibt es genug: Fahrten zur Arbeit oder in der Freizeit, zum Bummeln und Einkaufen, für Besuche von Freizeiteinrichtungen oder Ausflüge … Wir freuen uns auf viele neue Fahrgäste!“, sagt Tilman Wagenknecht, Geschäftsführer des Vereins Bus & Bahn Thüringen.
Das Busunternehmen MBB Meininger Busbetriebs GmbH im Landkreis Schmalkalden‐Meiningen bietet im Aktionszeitraum wieder ein spezielles „Fastenticket“ an. Damit kann Busfahren kostengünstig ausprobiert werden. Die Verkehrsunternehmen des Verkehrsverbundes Mittelthüringen (VMT) locken mit einer Abo‐Bonus-Aktion: Neukunden erhalten bei Abschluss eines VMT-Abonnements während der Fastenzeit einen Bonus in Höhe von 35 Euro. Und auch sonst machen viele Bus‐ und Bahnunternehmen dauerhaft günstige Angebote wie zum Beispiel Zeitkarten.
Thüringens Verkehrsministerin Susanna Karawanskij zu der Aktion: „Die Verkehrswende und insbesondere die Abkehr vom motorisierten Individualverkehr sind ein wichtiges Anliegen der Thüringer Landesregierung. Wir wollen den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und den Radverkehr stärken und bedarfsgerecht weiterentwickeln. Der ÖPNV muss mit modernen Bussen und Bahnen bezahlbare und bürgernahe Angebote unterbreiten. Eine gute Radinfrastruktur ist Voraussetzung für mehr Fahrradmobilität in allen Regionen. Daran arbeiten wir mit Nachdruck. Die Aktion ‚Autofasten‘ unterstütze ich sehr gern. Schnuppertickets und viele weitere Angebote zahlreicher Verkehrsunternehmen, Kommunen, Vereine und Verbände bieten die Chance, Fortbewegungsmöglichkeiten jenseits des Autos besser kennenzulernen und hoffentlich auch dauerhaft zu nutzen“.
Anja Siegesmund, Thüringer Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz, unterstützt die Initiative ebenfalls: „Ich begrüße die Aktion des Vereins Bus & Bahn zusammen mit den Thüringer Kirchen. Es ist eine gemeinsame Anstrengung mit der Landesregierung, die öffentlichen Verkehrsmittel immer attraktiver zu machen. Und gleichzeitig stellen viele kommunale Fuhrparks mit Hilfe des Umweltministeriums schon auf E-Busse um, damit die Menschen in Stadt und Land sauber unterwegs sind. Gerade in diesen Tagen wird überdeutlich, wie wichtig eine eigenständige Energieunabhängigkeit auf Basis von Erneuerbaren Energien dafür ist.“
Erstmals wird im Rahmen der Aktion eine Umfrage zum Mobilitätsverhalten gestartet: Die Beteiligung ist über eine auf dem Flyer platzierte Postkarte sowie online über die neu gestaltete Website möglich. Außerdem gibt es wieder den Mitmach-Kalender, der ebenfalls im Flyer und online finden ist. Hier können Nutzer ihre eigenen Autofasten-Aktivitäten dokumentieren. Wer seinen Kalender am Ende der Fastenzeit einschickt, nimmt an der Verlosung attraktiver Preise teil.
Mehr als 70 Partner unterstützen die Aktion – das sind neben den Bus- und Bahnunternehmen unter anderem mehrere Thüringer Landkreise und Städte, der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) und teilAuto Thüringen.