Das bundesweite Verbundprojekt „Schutz und Förderung der Mopsfledermaus in Deutschland” hat für Thüringen neue Zahlen für die seltene Mopsfledermaus zusammengetragen. Das Tier fühlt demnach insbesondere in der Hainleite-Region heimisch. Nach jüngsten Ergebnisse sind für das Jahr 2021 über 30 genutzte Quartierbäume in der Hainleite bekannt, mit sechs darauf verteilten Mopsfledermaus-Kolonien (die „Wochenstuben“ für den Nachwuchs).

Die Wochenstuben sind mit bis zu 23 Weibchen und nach der Geburt ebenso vielen Jungtieren belegt, die Männchen halten sich dort nicht auf. Die Weibchen nutzen insbesondere abstehende Rindenschuppen oder Spaltenquartiere an Buchen, Eichen aber auch Fichten als Tagesverstecke, um hier ihre Jungtiere im Juli zur Welt zu bringen. Oftmals handelt es sich um abgestorbene Bäume bzw. stehendes Totholz.

Dazu sagt Umweltministerin Anja Siegesmund: “Die zahlreichen Nachweise der Mopsfledermaus in Thüringen sind ein toller Erfolg für den Artenschutz. Diese Art zeigt, wie wichtig Waldwildnis ist. Hier können Bäume richtig alt werden und Totholz bietet wichtigen Lebensraum. Ich danke allen Projektpartnern und insbesondere auch den Ehrenamtlichen, die engagiert auf akustische Nachsuche gegangen sind. Ebenso wichtig war die gute Zusammenarbeit mit ThüringenForst.“

Wie in ganz Mitteleuropa sind auch in Thüringen die meisten Fledermausarten in ihrem Bestand bedroht, insbesondere die Mopsfledermaus. Ihre Besonderheit: Sie bevorzugt naturnahe Wälder mit einem hohen Anteil anstehendem Totholz. Einer ihrer europäischen Verbreitungsschwerpunkte liegt in Deutschland. Für den Erhalt der seltenen Waldfledermaus trägt Thüringen deshalb eine besondere Verantwortung. In den 1950er bis 1970er Jahren führte die Intensivierung der Forst- und Landwirtschaft zu dramatischen Bestandseinbrüchen. Pestizide reduzierten das eingeschränkte Nahrungsangebot der hoch spezialisierten Art erheblich. Die Mopsfledermaus überlebte in Deutschland und Westeuropa nur in wenigen Reliktgebieten. Sie wird in der »Roten Liste« der Säugetiere geführt und gilt bundesweit als stark gefährdet. Aus der Hainleite lagen bisher kaum Nachweise der Art vor. Aus diesem Grund waren die dort nachgewiesenen Kolonien und vor allem auch die Größe der Kolonien erstaunlich.

Schwerpunktgebiet der Hainleite-Region ist der Wald am Possen bei Sonderhausen. Hier nutzen die Mopsfledermäuse sowohl Quartierbäume in der 1.000 Hektar großen Naturwaldfläche als auch im angrenzenden „Erholungswald“ des Forstamtes Sondershausen und darüber hinaus. Gern jagen die Tiere Kleinschmetterlinge (wie Motten, Zünsler) im angrenzenden strukturreichen Offenland, in den Baumkronen des Waldes sowie an blütenreichen Waldsäumen und Schneisen. Neben der Mopsfledermaus wurden in diesem Gebiet aber auch am Possen ebenso die bundesweit vom Aussterben bedrohte winzige Nymphenfledermaus nachgewiesen werden, die ähnlich fragile Spaltenquartiere in Baumkronen alter Bäume, in alten Wäldern nutzt.

„Die Mittlere Hainleite am Possen schafft einen wichtigen ökologischen Verbund vom Nationalpark Hainich bis hin zur Hohen Schrecke, d.h. einen „bewaldeter Ring“ um das Thüringer Becken, in dem auch Mopsfledermäuse nachgewiesen wurden“, sagt Projektleiter Martin Biedermann von der Stiftung FLEDERMAUS /Erfurt.

Hintergrund zum Projekt und zur Mopsfledermaus:

Die Stiftung FLEDERMAUS und Naturstiftung David haben sich gemeinsam mit den NABU-Landesverbänden Baden-Württemberg und Niedersachsen und der Universität Greifswald zu dem Verbundvorhaben „Schutz und Förderung der Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) in Deutschland“ zusammengeschlossen. Das Projekt im Bundesprogramm Biologische Vielfalt wird vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums sowie vom Thüringer Umweltministerium seit Ende 2018 bis Ende 2024 gefördert. Der Bayerische Naturschutzfond, das Land Hessen und die Deutsche Wildtier Stiftung sind weitere Fördermittelgeber des Gesamtprojektes.

Die Mopsfledermaus hat im Ultraschall-Bereich einen sehr charakteristischen Ruf, durch den sie eindeutig identifiziert werden kann. Mit akustischen Vorerkundungen konnten daher in den vergangenen drei Jahren Stellen im Wald der Hainleite ausfindig gemacht werden, an denen die Mopsfledermaus besonders aktiv ist. Dort konnten mit speziellen Netzen Weibchen gefangen werden, die dann mit einem winzigen Miniatursender versehen wurden. Mit Hilfe der Radio-Telemetrie zeigten diese besenderten Tiere dann ihre sehr versteckten Quartiere in Bäumen, die ansonsten nur schwer bzw. gar nicht zu finden sind.