Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu extremen Regenfällen kommt wie denen, die im letzten Monat zu Überschwemmungen in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg geführt haben, hat sich durch den Klimawandel um das 1,2- bis 9-Fache erhöht. Das ist das Ergebnis einer neuen Attributionsstudie, die von einem internationalen Team von Klimawissenschaftler heute veröffentlicht wurde, heißt es in einer Mitteilung vom Deutschen Wetterdienst. Aus der Studie geht außerdem hervor, dass sich die Intensität dieser extremen Niederschläge aufgrund der durch den Menschen verursachten globalen Erwärmung in der Region zwischen 3 und 19 Prozent erhöht hat.
Die Ergebnisse untermauern die Schlussfolgerungen des aktuellen Berichts des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC). Demzufolge liegen nun Nachweise vor, dass die Erderwärmung vom Menschen verursacht wird und der daraus resultierende Klimawandel die Hauptursache für die Zunahme extremer Wetterereignisse ist. Laut IPCC-Bericht werden auch West- und Mitteleuropa bei steigenden Temperaturen immer häufiger Starkregenfällen und Überschwemmungen ausgesetzt sein.
Vom 12. bis 15. Juli 2021 war es in verschiedenen Teilen Westeuropas zu extremen Regenfällen gekommen. So fielen zum Beispiel in der Region um die Flüsse Ahr und Erft in Deutschland an einem einzigen Tag mehr als 90 Liter Regen pro Quadratmeter. Das ist deutlich mehr als jemals seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gemessen wurde. Durch Überschwemmungen als Folge des Starkregens kamen in Belgien und Deutschland mindestens 220 Menschen ums Leben.
Um zu berechnen, welche Rolle der Klimawandel bei der Entwicklung der extremen Regenfälle und der durch sie hervorgerufenen Überschwemmungen spielt, wurde das heutige Klima mit dem Klima vor dem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um 1,2 °Celsius (seit Ende des 19. Jahrhunderts) verglichen. Um die Rolle des Klimawandels zu berechnen, analysierten die Wissenschaftler Wetteraufzeichnungen und Computersimulationen mit peer-reviewten Methoden.
Die Hauptschwerpunkte der Studie lagen dabei auf den extremen Regenfällen in den zwei besonders betroffenen Gebieten in Deutschland: den Regionen um die Flüsse Ahr und Erft, in denen pro Tag durchschnittlich 93 Liter Regen pro Quadratmeter fielen, sowie auf der Region um den Fluss Maas in Belgien, in der im Zeitraum von zwei Tagen ein Niederschlag von 106 Liter Wasser pro Quadratmeter gemessen wurde. Da verschiedene Pegelstationen durch die Überschwemmungen zerstört wurden, untersuchten die Wissenschaftler weniger die Pegelstände der Flüsse, sondern die Menge des gefallenen Regens.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass sich die sehr lokalen Regenfallmuster von Jahr zu Jahr stark unterscheiden. Um den Einfluss des Klimawandels zu bewerten, wurde analysiert, wie wahrscheinlich es ist, dass sich ähnliche Starkregenfälle auch in anderen Regionen Westeuropas – einschließlich Frankreich, Westdeutschland, dem östlichen Teil von Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und dem Norden der Schweiz – ereignen und inwiefern dies durch die weltweit steigenden Temperaturen beeinflusst wird.
Für diese größer gefasste Region konnte festgestellt werden, dass sich die maximale Niederschlagsmenge durch den von Menschen verursachten Klimawandel zwischen 3 und 19 Prozent erhöht hat. Durch den Klimawandel erhöhte sich auch die Eintrittswahrscheinlichkeit um einen Faktor zwischen 1,2 und 9.
Unter den gegenwärtigen Klimabedingungen ist zu erwarten, dass eine bestimmte Region in Westeuropa etwa einmal in 400 Jahren von ähnlichen Ereignissen heimgesucht wird. Das bedeutet, dass in der gesamten Region innerhalb dieses Zeitraums mehrere solcher Ereignisse zu erwarten sind. Mit weiteren Treibhausgasemissionen und einem weiteren Temperaturanstieg werden solche Starkregenereignisse häufiger auftreten.
Die Studie wurde im Rahmen der Arbeit der World Weather Attribution-Initiative von 39 Forschern durchgeführt, darunter Wissenschaftler von Universitäten und meteorologischen und hydrologischen Behörden aus Belgien, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, der USA und dem Vereinigten Königreich.