Der Beirat zum SARS-2/CoVID-19-Pandemie- und Pandemiefolgenmanagement der Thüringer Landesregierung hat weitere Zwischenergebnisse seiner Beratungstätigkeit veröffentlicht. Die erste Welle der SARS-CoV-2-Pandemie hat gezeigt, dass es im Interesse des Wohlergehens der Kinder ist, bei der Konzeptionierung der Notbetreuung nicht allein gesellschaftliche Bedarfe (im Sinne des Erhalts der Arbeitsfähigkeit von Personen, die in systemrelevanten Berufen tätig sind) zu fokussieren, sondern auch familien- und kindsbezogene Aspekte zu berücksichtigen. Der Beirat schlägt daher die systematische Entwicklung eines Kriterienkatalogs zur Bestimmung von Familien vor, für die der Wegfall des kontinuierlichen und betreuten Bildungsangebots und der außerhäuslichen Betreuung eine besondere Härte darstellt. Im Mittelpunkt des „Impulspapier 4: Pädagogischer Score“ steht somit die Gewährleistung des regelmäßigen Kontaktes der Familien mit den pädagogischen Akteuren der Schulen, Kitas oder der Kinder- und Jugendhilfe auch bei einer zeitweisen Schließung der Einrichtungen.

 Weiterhin soll die gezielte, punktgenaue und effiziente Isolierung von Clustern Vorrang vor einer undifferenzierten Schließung ganzer Einrichtungen haben. Hierfür ist die kontinuierliche Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Schulen/ Kindertageseinrichtungen, Gesundheitsämtern und Arztpraxen notwendig. Entscheidend für die Herausforderung der kommenden Saison sind klare lokale Strukturen und Verantwortlichkeiten. Die Leitung der Einrichtung oder Träger sollen mit Hygienemaßnahmen beauftragte Mitarbeiter*innen benennen, die in enger Abstimmung mit den zuständigen Gesundheitsämtern Hygienepläne erstellen. Schüler*innen und Lehrende werden im „Impulspapier 5: Pandemiemanagement in Schulen und Kindertageseinrichtungen“ ermutigt, die Corona-Warn-App zu nutzen.

 Der Beirat schlägt ferner eine Verfeinerung der infektiologischen Lagebeurteilung im Impulspapier 5 vor. Ein auf medizinischem Wissen und auf Rechtsgrundlagen basiertes Set von Kriterien, welches es erlaubt, entsprechend dem Pandemiegeschehen Entscheidungen auf lokaler (für Schulen und Kitas, Pflege- und Gemeinschaftseinrichtungen) und regionaler Ebene (Gesundheitsämter) konkret zu treffen, würde der Dynamik des Infektionsgeschehen besser entsprechen. Bei der Beurteilung des lokalen Infektionsgeschehens soll künftig nicht mehr allein die Quantität sondern auch die Qualität (z. B. Dynamik, Ort, Zuordenbarkeit) sowie die Kapazität der Gesundheitsämter und des Gesundheitssystems berücksichtigt werden.

Optimierungspotential beschreibt der Beirat in der bisherigen Risiko- und Krisenkommunikation im Impulspapier 7. Die Maßnahmen zur Pandemiebewältigung und deren fortwährenden Veränderungen werden oft nur unzureichend und z.T. erst spät in konventionellen Einbahnstraßen-Formaten kommuniziert (z.B. Plakate), die die Menschen in die Situation versetzen, lediglich Aufforderungen zu befolgen (z.B. “Hände waschen“). Insbesondere werden die Gründe für Entscheidungen oft nicht ausreichend dargelegt, so dass sich Menschen den Entscheidungen ausgeliefert fühlen, die „die da oben“ getroffen haben. Der Beirat fordert daher kontinuierlich eine transparente, proaktive und konsistente Risikokommunikation der Pandemiemaßnahmen zu verfolgen, die auf der Strategie eines partizipativen und rationalen Pandemiemanagements beruht. Hierfür ist es notwendig, die Kriterien, die den Entscheidungen zugrunde liegen, in einer sichtbaren und anschaulichen Weise zu kommunizieren und die Priorisierung bei den Abwägungsprozessen zu thematisieren. Gleichzeitig sollte man die Menschen nicht als Teil des Problems, sondern eher als Teil der Lösung sehen, d.h. auf grundlegende psychologische und soziale Prozesse bauen. Dafür werden partizipative Kommunikationsformate benötigt, in denen gesellschaftliche Teilnahme, Dialog und Austausch tatsächlich stattfinden können.