Worbis. Sieben Jahre in einem Käfig von weniger als 10 Quadratmetern – das war das Leben des Braunbären Mykhailo. Gehalten von einem Hotelbesitzer in der Ukraine als Touristenattraktion, war sein Dasein geprägt von Enge und Hunger. Jetzt konnte er sein neues Leben in Worbis beginnen.

Mykhailos erste Kontakte mit dem Freigehege. Foto: Lilith Reinhold

Tierschützer betonen, dass einem Braunbären mindestens 5000 Quadratmeter zur Verfügung stehen sollten. Im November 2023 gelang es ihnen schließlich, Mykhailo aus dieser katastrophalen Situation zu befreien.

Mykhailos ehemaliges Dasein als Touristenattraktion bei einem Hotelbesitzer in der Ukraine. Foto: Bärenpark

Der Bär, der nur noch 150 Kilo wog (heute sind es 320 Kilo), war stark abgemagert und erhielt nur einmal in der Woche Futter. Mykhailo wurde in die ukrainische Auffangstation der Tierschutzorganisation Vier Pfoten nach Domashyr gebracht. Dort konnte er erstmals ein Stück Natur erleben, doch aufgrund des Krieges in der Ukraine war ein längerer Aufenthalt unmöglich.

Da die Tierschutzorganisation bereits positive Erfahrungen mit dem Worbiser Bärenpark und der Aufnahme zweier ukrainischer Bären gemacht hatte, wurde die Anfrage gestellt, ob Mykhailo nach Worbis umziehen könnte. Und er konnte. Es war keine Spazierfahrt in die Ukraine. „Viele bange Momente und aufregende und strapaziöse Stunden liegen nun hinter MYKHAILO und unserem Einsatzteam. Aber das Hoffen und Daumendrücken, dass auf der weiten Strecke ins und aus dem Kriegsgebiet alles gut gehen möge, hat geholfen. Alle sind gesund, wenn auch erschöpft im Alternativen Bärenpark Worbis angekommen.“, das ist das Fazit von der Leiterin des Alternativen Bärenparks, Sabrina Schröder.

Nach ein paar Wochen Quarantänestation, begann am 23. Junil 2024 der wohl schönste Abschnitt für den Bär und das Bärenparkteam: Sein Leben in der Freianlage im Bärenpark Worbis. Zunächst auf einem kleineren Areal mit rund 5000 Quadratmetern, später kann er dann den gesamten Park durchforsten. 

Gespannt hatten sich am Vormittag des 23. Juli 2024 Journalisten und Fotografen am Zaun aufgestellt. Sie konnten den Braunbären bereits beobachten, war er doch vor wenigen Tagen von der Quarantänestation in eine andere direkt an seinem neuen Zuhause gebracht worden. Um 10.30 Uhr sollte sich für Mykhailo die Tür öffnen, Dr. Ulrike Richter vom Bärenpark Team gab den Schieber frei und somit den Startschuss im übertragenen Sinne für ein fast freies Leben des Braunbären. Es sammelten sich inzwischen immer mehr Besucher und Touristen am Areal und beobachteten mit Spannung, was hier geschieht. 

Was der Bär spürte, war, dass eine Reihe von Menschen in nicht allzu weiter Entfernung standen. Ein Bär hat eine äußerst sensible Nase und kann Gerüche hunderte Meter entfernt aufnehmen. Wir Menschen wussten, dass für Mykhailo ein schweres Schicksal einen neuen Anfang nahm. Doch was mochte der Bär fühlen, der vor wenigen Wochen das erste Mal Natur ertastete, dann in eine Transportbox kam, weiter in Auffangstation und wieder mit einer Transportbox dorthin gebracht wurde, wo er endlich sein Leben leben kann. 

Nach anfänglicher Skepsis zum Weg in die fast freie Natur begann Mykhailo vor der freien Luke zu „kehren“ – immer wieder wischte er mit seiner großen Tatze die Blätter und kleinen Äste weg. Ein Zeichen von Verängstigung und Unsicherheit, erklärt Dr. Ulrike Richter vom Bärenpark. Sie ist Expertin, was das Verhalten von Bären angeht.

Und schließlich wagt Mykhailo den Schritt. Ein kleines Wasserbecken in Zaunnähe zieht sofort seine Aufmerksamkeit an. Und dann entdeckt er den kleinen Teich. Man fragt sich gleich, ob es denn wohl das erste Mal ist, dass der Braunbär baden kann. Er plantscht im Wasser wie ein kleines Kind. Auch die inzwischen vermehrt eingetroffenen Parkbesucher erfreuen sich daran.

Es gibt allerdings noch viel zu tun, damit auch dieser Braunbär unbeschwert im Worbiser Bärenpark leben kann, wie seine Artgenossen. Da gibt es die eine oder andere erforderliche medizinische Maßnahmen, vor allem an den Zähnen, und vieles mehr. Deshalb würde sich das Team des Alternativen Bärenparks freuen, wenn sich Paten für Mykhailo finden. Melden Sie sich bei Interesse einfach beim Team des Bärenparks, entweder bei einem Ihrer nächsten Besuche in Worbis oder auch telefonisch oder per email.

Ilka Kühn