Das Soziale Zentrum heute. Foto: Ilka Kühn

Am 21. Oktober 2003 wurde das Soziale Zentrum in der Leinefelder Jahnstraße feierlich
eingeweiht. In knapp anderthalb Jahren Bauzeit entstand aus einer ehemaligen
Kindertagesstätte sozialistischen Typs ein architektonisches Vorzeigeobjekt, das im Juni 2004
den Thüringer Staatspreis für Architektur und Städtebau bekam. Heute ist die „moderne Kiste“, wie sie dessen Architekt Ottmar Stadermann einst nannte, aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Ihre Existenz erscheint vielen Menschen als selbstverständlich, doch ein sozialgeschichtlicher Rückblick in die Vergangenheit beweist uns das Gegenteil, wie Dr. Michael Kruppe in seinem Beitrag aufzeigt:

Foto vom Dezember 2003 in der Regional-Zeitung Litfaßsäule.

An der Stelle, wo sich heute das Soziale Zentrum von Leinefelde-Worbis befindet, wurde am 1. August 1966 der Kindergarten „Bummi“ eröffnet.

Ausschnitt aus der Regional-Zeitung Litfaßsäule vom Oktober 2003.

Infolge des starken Geburtenrückgangs nach dem Mauerfall wurde „Bummi“ zum 31.
Dezember 1991 als Kindertagesstätte für immer geschlossen und diente fortan als Sitz für
gemeinnützige Vereine aus dem Sozialbereich. Zu ihnen gehörten damals schon das so
genannte „Frauenzentrum“ vom Trägerverein „Frauen für Frauen e.V.“, das so genante
„Seniorenzentrum“ der Volkssolidarität, aber auch die „Arbeitsloseninitiative Thüringen e.V.“.
Besonders das Frauenzentrum erwies sich mit 6.500 bis 7.000 Besuchern pro Jahr als
Publikumsmagnet. Andere Einrichtungen konnten von solchen Besucherzahlen nur träumen.
Dazu muss man allerdings folgendes wissen:

In den 1990er Jahren waren die sozialen Vereine und Verbände in Leinefelde dezentral
untergebracht und verteilten sich auf das gesamte Stadtgebiet. Die meisten von ihnen hatten
ihren Sitz in der Südstadt, also in Neubauwohnungen. Schon aus baulichen Gründen waren
deshalb ihre Besucherzahlen begrenzt. Leinefelde förderte die sozialen Vereine jährlich mit
Haushaltsmitteln (so genannte „Freiwillige Leistungen“). Allein das Frauenzentrum bekam
dadurch 7.300 D-Mark pro Jahr. Das entspricht heute eine Summe von rund 3.732 Euro. Unter Berücksichtigung der damaligen Wirtschaftsverhältnisse war das eine respektable
Förderung.

Steigende Kosten sowie der massive Rückbau von Wohnquartieren zwangen die Vereine
ständig zum Umzug in ein neues Domizil. Sinkende Steuereinnahmen der Stadt führten
ihrerseits dazu, dass sich die Verantwortlichen im Rathaus und Stadtrat fragen mussten, wie
lange man sich diesen „Luxus“ noch leisten könne? Es bedurfte daher einer Lösung, die
beiden Seiten gerecht wurde.

Ab Sommer 2002 ließ die Stadt Leinefelde deshalb das ehemalige „Bummi“-Gebäude nach den Plänen des Architekturbüros Stadermann aus Hausen für 1,85 Mio. Euro umbauen. 80 Prozent der Summe waren Fördermittel, von denen die meisten aus dem Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ kamen. Das „Soziale Zentrum“, wie der Gebäudekomplex nun offiziell hieß, sollte die dezentral untergebrachten sozialen Vereine und Verbände an einem Ort konzentrieren und so langfristig den Stadthaushalt entlasten. Gleichzeitig wurde die Straße umbenannt. Die Konrad-Martin-Straße 142 (früher Otto-Nuschke-Straße 142) hieß nun Jahnstraße 12-16.

Während der Umbauphase mussten das Frauenzentrum und das Seniorenzentrum auf das leer stehende St. Josef-Krankenhaus ausweichen. Die Arbeitsloseninitiative kam in der Konrad-
Martin-Straße 118 unter. Sehnsüchtig wurde daher von allen Beteiligten die Fertigstellung des Sozialen Zentrums erwartet.

Zur Einweihungsfeier am 21. Oktober 2003 kamen sowohl Vertreter der Stadt- und Kreisverwaltung als auch viele aktive und ehemalige Mitarbeiter, die in der Jahnstraße 12-16 ihre alte oder neue Wirkungsstätte hatten. Edith Jaritz, die erste Kinderkrippenleiterin des „Bummi“, und Steffi Lange, die letzte Leiterin der Kindertagesstätte, entwarfen eigens dazu eine kleine Fotoausstellung.

Zu den ersten Mietern des Sozialen Zentrums gehörten ab Oktober 2003 der Verein „Frauen
für Frauen e.V.“ (heute „Frauenzentrum e.V.“), die Volkssolidarität, die Verbraucherzentrale,
der Sozialverband VdK, die Arbeitsloseninitiative Thüringen e.V., der Verband der
Behinderten des Landkreises Eichsfeld sowie die von ihm betriebene Tafel. Mit Ausnahme
der Arbeitsloseninitiative befinden sich die genannten Vereine und Verbände noch heute am
selben Ort.

Michael Kruppe