Lieber Bürgerinnen und Bürger,
ich schreibe diese Zeilen unter dem Eindruck der soeben zu Ende gegangenen Sitzung
des Corona-Krisenstabes. Die Lage ist dramatisch. Auch unsere Infektionszahlen steigen
explosionsartig. Das Gesundheitsamt arbeitet hervorragend und ist dennoch nicht in der
Lage, in der gesamten Aufgabenbreite alle notwendigen Tätigkeiten ausreichend zu
erledigen. Besonders gilt dieses für die Kontaktnachverfolgung. Die Erfahrungen haben
gezeigt, dass zuweilen auf eine infizierte Person bis zu 30 Kontakte entfallen, welche
ermittelt und beurteilt werden müssen. Hier kommt das Gesamtsystem einfach an seine
Grenzen.
Dankbar sind wir für die gute Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten und
Pflegeeinrichtungen, aber auch mit den Schulen und Kindergärten oder auch anderen
kreisansässigen Unternehmen. Alle sind willig und geben ihr Bestes. Allgemein gelobt wurde das Verhalten der Bevölkerung im öffentlichen Raum. Hier wird die Einhaltung der „Maskenpflicht“, sofern sie besteht, insgesamt als gut eingeschätzt.
Negativ bewertet wurde hingegen der Infektionsschutz in den mehr privaten Bereichen,
welche kaum den Blicken von außen zugänglich sind. Aber gerade von dort kommen die
aktuellen Infektionszahlen. Hier scheinen die real vorhandenen Risiken überhaupt nicht
ausreichend reflektiert zu werden.
Einen Eindruck über die schlimmen Infektionsgegebenheiten gewinnt man am ehesten in
Ansehung der Berichte aus dem Krankenhaus und aus den Pflegeeinrichtungen. So
wertgeschätzt auch die familiären Besuchskontakte werden – zunehmend müssen diese
gegen das damit ansteigende Infektionsrisiko abgewogen und auch ausgesetzt werden.
Alles andere wäre unverantwortlich gegenüber dem sich in den Einrichtungen Pflege
schlagartig erhöhenden Sterberisiko.
Angesichts dieser Lage sollten sich eigentlich alle die Pandemie verharmlosenden
Diskussionen und öffentlichen Bekundungen von selbst verbieten. Dieses dennoch zu tun,
ist nicht nur weltfremd, sondern auch Erregung öffentlichen Ärgernisses, dem man selbst
mit der Flucht unter den Schutz der sonst so hochlöblichen Demokratie-Postulate nicht
entkommt.
Natürlich kann und muss auch alternativ gedacht werden können, rechtfertigt
aber noch lange nicht jenes „Querdenken“, welches mehr und mehr nur noch als
allgemeine Provokation wahrgenommen wird.
Bitte bleiben Sie – wenn möglich – zu Hause und schränken Sie tatsächlich ihre Kontakte
ein! Die Realität wird nicht in beschreibenden Reden greifbar, sondern in den
Belegungszahlen des Krankenhauses bzw. in den Sterbezahlen, der in Verbindung mit
Corona verstorbenen Menschen.
Beste Grüße
Dr. Werner Henning
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