Bürgermeister Christian Zwingmann hat in der jüngsten Stadtratsitzung auch mal das angesprochen, was ihn persönlich sehr ärgert. Foto: Ilka Kühn

Leinefelde-Worbis. Mit solch einer Bilanz hätte wohl auch manches Mitglied des Stadtrates nicht gerechnet. Bürgermeister Christian Zwingmann hatte sie gezogen. Eine Bilanz, die sowohl Positives als auch Kritisches enthielt und vor allem auch persönlich war.

In einer Powerpointpräsentation konnte Christian Zwingmann auf 46 Seiten von Positiven brichten, was sich in dem ersten Jahr seiner Amtszeit getan hat. Das beginnt bei den Dingen, die sich in der Stadt verändert haben. Vom Umzug der Bibliothek, Durchführung der Stadtfeste in Leinefelde und Worbis, der Spielplatzoffensive, der der Eröffnung und Wiederbelebung von Jugendräumen in den einzelnen Ortsteilen, Entwicklung der Kindergärten mit Neubau in Kallmerode, Erweiterung von „Mischka“ in Worbis, Anbau Bonifatius in Leinefelde und Sicherung für Kindergarten in Kirchohmfeld u.a.

Die Kommunikation mit den Bürgern würde besser funktionieren, die Bürgersprechstunden finden großen Anklang, so der Bürgermeister.

Für junge Familien sei bezahlbares Bauland für junge Familien das Ziel. Erschließung von Baugrundstücken weiterhin nach Bedarf, aber nicht wahllos in allen Ortsteilen, betonte Christian Zwingmann. Es würden nur tatsächlich entstandene Baukosten weitergegeben. Wichtigste Wohngebiete seien derzeit die Schulwiese in Worbis und Gartenstadt in Leinefelde.

Sportförderprogramm wird umgesetzt – 19 000 Euro fließen jetzt zusätzlich direkt an die Vereine. Maßgeblich für die Verteilung der Gelder ist die vom Verein geleistete Kinder – und
Jugendarbeit.

  • Kostenlose Nutzung der Sportstätten für Vereine
  • Zuschüsse an Vereine über die OrtsteilrätE
  • umfangreiche Bauhof Leistungen (Bühne, Toilettenwagen, Mahd, Müllentsorgung usw.) bei Veranstaltungen von Vereinen
  • städtische Zuschüsse bei Vereinsjubiläen
  • Bereitstellung von Räumlichkeiten

In Zahlen heißt das in einem Jahr:
– Bauhofleistungen für Vereinsfeste 47 000 Euro
– Vereinszuschüsse der Ortsteilräte 37 000 Euro
– Mietzuschüsse 6 600 Euro
– Kostenfreie Unterbringung im Sozialen Zentrum 44 000 Euro
– Kostenfreie Nutzung der Obereichsfeldhalle 27 000 Euro
– Kostenfreie Nutzung Leinebad, zwei Stadien und Turnhalle Beuren 250 000 Euro
– Kostenfreie Nutzung Veranstaltungsgelände Scharfenstein 1 800 Euro
– Landessportpauschale 19 000 Euro
– Rosenmontagsempfang für Karnevalsvereine 1 800 Euro
– Zuschüsse bei Vereinsjubiläen 2 500 Euro
Summe: rund 437 000 Euro
( Kostenfreie Nutzung der Säle und Dorfgemeinschaftshäuser durch Vereine bleibt hier unberücksichtigt)

Was für Ärger sorgte, umschrieb der Bürgermeister das letzte Kapitel seiner Präsentation. Da war die Schließung der Wipperwelle. Sein Opa habe sie eröffnet und er musste sie schließen, das habe ihm sehr leid getan.

Schuldenstand hat sich mehr als verdoppelt

Er sagte weiter, dass die Stadt finanziell noch lange nicht über dem Berg sei. Jetzt ginge es darum, die Neuverschuldung zu bremsen. Der Schuldenstand sei auf 30,9 Millionen Euro im Jahr 2022 angewachsen, die Prokopf-Verschuldung betrug auf 1547 Euro. Erst ab 2026 wird beides wieder sinken.

Entwicklung aller Verbindlichkeiten von 2016 bis 2022

Zum 1. Januar 2016 betrugen die Verbindlichkeiten 14.713.675,39 Euro

Kreditaufnahmen Stadt 31.413.181,44 €
Tilgung Stadt 14.099.016,05 €
Kreditaufnahmen KLW 1.951.048,00 €
Tilgung KLW 418.171,08 €
Erhöhung Liquiditätskredit 2.134.324,61 €
Endbestand Verbindlichkeiten 31.12.2022 35.695.042,31 €


Christian Zwingmann in seinen Ausführen weiter:

Welche Situation habe ich in der Stadt vor einem Jahr vorgefunden?

  • Es wurde seit Jahren mehr ausgegeben als eingenommen.
  • Es erfolgten über- und außerplanmäßige Ausgaben in Millionenhöhe, ohne diese an anderer Stelle durch Einsparungen gegen zu finanzieren.
  • Das Resultat waren durchgehend millionenschwere Kassenkredite
    (Ende 2022: – 3,7 Millionen Euro trotz erster Einsparmaßnahmen ).
  • Das Auftrags – und Maßnahme – Volumen überstieg die städtische Leistungsfähigkeit bei weitem.
  • Es war bei Amtsantritt nicht sicher, ob die Löhne der Stadtangestellten am Jahresende noch bezahlt werden können.
  • Die Stadträte wurden über die kritische Situation vom damaligen Bürgermeister und der früheren Kämmerin nicht informiert und in einige wichtige Entscheidungen nicht eingebunden.

Wie wollte mein Vorgänger da rauskommen?

• Der Verkauf der WVL an die LWG (Fusion) sollte 10 Millionen Euro in die Stadtkasse spülen, diese Einnahmen waren zu meinem Amtsantritt bereits verplant bzw. ausgegeben.

  • In den Haushaltsplänen wurden teilweise Ausgaben zu niedrig angesetzt und unrealistische Einnahmen eingeplant, so für 2022 eine Fusionsprämie, obwohl man wusste, dass eine
    Eingemeindung Wingerodes in die Stadt Leinefelde-Worbis unwahrscheinlich ist.
  • Man „borgte“ sich Ende 2019 zwei Millionen Euro von der WVL, die nach drei Monaten komplett zurückgezahlt sein sollten, zum großen Teil aber einfach einbehalten wurden und auch nicht in den Verbindlichkeiten der Stadt erschienen.

    Was habe ich 2022 unternommen?
  • Ich habe die nicht finanzierbaren und nicht fristgerecht umsetzbaren Projekte Umbau Kloster und Umbau Stadt L gestoppt. Zwei Millionen Euro Fördermittel waren zurückzuzahlen. Aufträge für vier Millionen Euro waren aber schon ausgelöst. Finanzlücke: sechs Millionen Euro.
  • Ich habe den Ankauf der Landtechnik Worbis gestoppt, da diese millionenschwere Ausgabe nicht finanzierbar war.
  • Die Haushaltssicherung konnte für 2023 nur mit unpopulären Maßnahmen, wie der Erhöhung der Gewerbesteuer, der Vergnügungssteuer und Benutzungsentgelte für die Dorfsäle, verhindert werden.

Bürgermeister Christian Zwingmann betonte in seinem Vortrag, dass diese Schieflage nicht nur die Landesgartenschau gekommen ist!

Und weiter: Warum mache ich das öffentlich?

weil:

  • wir uns finanziell weiterhin in einer sehr schwierigen Situation befinden.
  • der frühere Bürgermeister eine Stadtratsfraktion dazu benutzt, um Stimmung gegen mich und die Stadtverwaltung zu machen.
  • diese Stadtratsfraktion einen Beschluss herbeiführen wollte, um mich zum Rücktritt zu bewegen.
  • ich glaube, dass es zur Transparenz dazugehört, die Wahrheit auf den Tisch zu bringen.

Das erklärte Christian Zwingmann in der öffentlichen Stadtratsitzung am Montag im Rathaus Wasserturm in Leinefelde.

Susann Mai von der Fraktion ÖDP/Familie bedankte sich beim Bürgermeister für diese klaren Worte und auch dafür, dass er alles offen dargelegt hat im öffentlichen Teil der Sitzung. Damit haben auch Bürger Gelegenheit, sich ein Bild zu machen.

Ilka Kühn