Göttingen. Der Göttinger Wohnungsmarkt ist weiterhin angespannt, immer mehr Menschen wollen in der Stadt leben. Das belegt ein Gutachten, das die Stadt in Auftrag gegeben hat. Analysiert wurde außerdem, wie viele Wohnungen tatsächlich fehlen und wie hoch der Bedarf an gefördertem und bezahlbarem Wohnraum ist. (Das Gutachten des GEWOS Institut für Stadt-, Regional und Wohnforschung wird am Donnerstag, 22. Juni 2023, im Bauausschuss vorgestellt, teil die Stadt mit.)
Das GEWOS-Gutachten hat zwei Szenarien für die Bevölkerungsprognose berechnet: Die Basisvariante geht von einem moderaten Bevölkerungsanstieg aus, wohingegen die obere Variante von einer stärkeren Zuwanderung ausgeht und damit von einem höheren Anstieg der Bevölkerung. So kommt GEWOS wie bereits im Vorgängergutachten zu dem Ergebnis, dass bis 2030 in Göttingen jährlich 330 Wohnungen (Basisvariante) bzw. 420 Wohnungen (obere Variante) neu zu schaffen sind, um den Wohnungsmarkt zu entspannen. Insbesondere benötigt werden bis 2030 jährlich 270 preiswerte bzw. geförderte Wohnungen. Der Wohnraumbedarf für Geflüchtete ist darin nicht berücksichtigt.
„Göttingen ist nach wie vor eine attraktive Stadt“, betont Göttingens Stadtbaurat Fritjof Look. Damit einher gehe die hohe Nachfrage nach Wohnraum. „Je mehr Menschen in der Stadt leben wollen, desto umkämpfter ist der Wohnungsmarkt.“ Dem steuere die Stadt bereits entgegen, so Look, und arbeite mit Hochdruck an der Schaffung von neuem Planungsrecht, um den Bau von Wohnungen zu ermöglichen. Aktuell werden konkrete Baugebiete entwickelt, zu nennen sind die Gebiete „Lange Rekesweg“ mit maximal 300 Wohneinheiten, „Auf der Lieth“ mit 70 bis 120 Wohneinheiten, „Wiesental“ mit etwa 100 Wohneinheiten und das Baugebiet in Roringen mit rund 110 bis 115 Wohneinheiten. Im Nordwesten entsteht außerdem das Europa-Quartier mit rund 600 Wohneinheiten. Die städtische Wohnraumagentur helfe dabei, vor allem mit älteren Menschen neue, flächenoptimierte Wohnformen zu entwickeln und dadurch Wohnraum zu schaffen. „Das Gutachten hilft uns, die bisherigen Anstrengungen datengestützt fortzusetzen“, so Look.
„Vor allem der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum in Göttingen ist hoch“, unterstreicht Sozialdezernentin Anja Krause. Insbesondere Transferleistungsbeziehende, Rentnerinnen, Studierende oder Haushalte mit geringem Einkommen seien auf eine bezahlbare Miete angewiesen, so Krause. Immer mehr Wohnungen seien in den letzten Jahren allerdings aus der Sozialbindung gefallen. „Hier kommt den Göttingerinnen das hohe Engagement der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft und der anderen Wohnungsgenossenschaften zugute, die auch bei Wegfall der Sozialbindung weiterhin Wohnraum zu günstigen Preisen anbieten.“
Ein wichtiges städtisches Instrument der Wohnraumförderung sei außerdem das flexible Quotenmodell, so die Dezernentin. Es umfasst fünf Wahlmöglichkeiten für Vorhabenträgerinnen und sichert für unterschiedliche Einkommensgruppen, insbesondere für Menschen mit Wohnberechtigungsschein, einen Prozentsatz an Wohnungen mit preiswerten Wohnungsmieten zu. Es sichert die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum und bietet Vorhabenträgerinnen mehr Flexibilität, projektbezogen oder bedarfsgerecht zu bauen. Krause: „Es ist ein gutes Signal, dass das Quotenmodell im „Bündnis für bezahlbares Wohnen“ abgestimmt wurde und dass sich alle Akteur*innen am Wohnungsmarkt hierzu bekennen.“ Wichtig zu wissen sei aber auch, so die Dezernentin, dass der Neubau von Sozialwohnungen von der Planung und der Einreichung des Bauantrages bis zur Fertigstellung mehrere Jahre dauere. „Auf Knopfdruck lassen sich Sozialwohnungen leider nicht herbeizaubern. Im Bau befindet sich aber bereits bezahlbarer Wohnraum in der Grünen Mitte Ebertal, am Nonnenstieg, am Gothaer Areal in der Geismar Landstraße, und den anderen Stadtentwicklungsprojekten.“ Besonders hebt die Dezernentin das Vorhaben in der Grünen Mitte Ebertal hervor: „Dort gelingt es uns gemeinsam mit der Städtischen Wohnungsbau Bestände zu modernisieren, weitere Wohnungen zu schaffen und das Quartier klimagerecht umzugestalten.“
„Ohne weitere Anstrengungen der Bauwirtschaft kommen wir hier nicht voran, auch Fördermittel von Land und Bund sind dringend notwendig. Alle Beteiligten müssen jetzt die Ärmel hochkrempeln und anpacken“, fordert Look. Dabei sei die Lage der Baubranche so angespannt, wie seit Langem nicht. Lieferengpässe, Fachkräftemangel, Inflation und steigende Bauzinsen sowie erschwerende Baustandards seien große Hürden, den Bedarf tatsächlich decken zu können.
Hintergrund:
Das letzte Gutachten für Göttingen wurde von GEWOS in 2016/2017 erstellt. Kommunen sind aber seit 2020 verpflichtet, der NBank im 3-Jahres-Rhythmus ein aktualisiertes Wohnraumversorgungskonzept vorzulegen, damit die Förderfähigkeit für die Subventionierung geförderten Wohnraums gewahrt bleibt. Liegt die Förderfähigkeit vor, können Förderanträge bei der NBank gestellt werden, um eine Förderung bei der Schaffung von geförderten Wohnungen zu erhalten.