Neue Regeln verpflichten EU-Unternehmen, Informationen offenzulegen, mit denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Gehälter besser vergleichen und Unterschiede aufdecken können. In der EU besteht noch immer ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle von etwa 13 Prozent, wobei es erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gibt.

Am Donnerstag nahmen die Abgeordneten mit 427 zu 79 Stimmen bei 76 Enthaltungen neue Vorschriften für mehr Lohntransparenz an. Vergütungsstrukturen müssen demnach auf geschlechtsneutralen Kriterien beruhen und so gestaltet sein, dass die Arbeitsbewertung und die berufliche Einstufung unabhängig vom Geschlecht erfolgen. Außerdem dürfen Stellenausschreibungen und Stellenbezeichnungen keine Rückschlüsse auf das Geschlecht zulassen und Einstellungsverfahren müssen diskriminierungsfrei sein.

Wenn die Berichterstattung über das Arbeitsentgelt zeigt, dass die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen mindestens 5 % betragen, müssen Arbeitgeber in Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmervertretung eine gemeinsame Entgeltbewertung durchführen. Die Mitgliedstaaten müssen wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Strafen für Arbeitgeber einführen, die sich nicht an die Regeln halten. Das können zum Beispiel Geldstrafen sein. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch einen Verstoß gegen diese Regeln geschädigt wurden, können in Zukunft eine Entschädigung fordern. In den neuen Vorschriften wurden erstmals auch Mehrfachdiskriminierung und die Rechte nichtbinärer Menschen berücksichtigt.

Verbot von Geheimhaltungsklauseln zum Entgelt

Nach den neuen Regeln haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie ihre Vertretung das Recht auf klare und vollständige Informationen über individuelle und durchschnittliche Einkommen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht. Geheimhaltungsklauseln zum Entgelt sind künftig verboten: Angestellte Personen dürfen nicht mehr vertraglich daran gehindert werden, ihr Einkommen offenzulegen oder sich über das Arbeitsentgelt in der eigenen oder einer anderen Beschäftigungskategorie zu informieren.

Verlagerung der Beweislast

Bei Fragen im Zusammenhang mit dem Arbeitsentgelt soll die Beweislast vom Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber übergehen. Wenn eine angestellte Person also der Meinung ist, dass der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen nicht angewandt wurde, und den Fall vor Gericht bringt, dann muss die nationale Gesetzgebung den Arbeitgeber verpflichten, zu beweisen, dass keine Diskriminierung stattgefunden hat.

Samira Rafaela (Renew Europe, Niederlande) vom Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter sagte dazu: „Für mich war am wichtigsten, sicherzustellen, dass die Maßnahmen für mehr Lohntransparenz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so inklusiv und wirkungsvoll wie möglich sind. Wir haben nicht nur endlich verbindliche Maßnahmen gegen das geschlechtsspezifische Lohngefälle. Auch können nun alle Bürgerinnen und Bürger der EU mit Blick auf Lohndiskriminierung etwas tun. Alle werden anerkannt und geschützt. Nichtbinäre Menschen haben dasselbe Recht auf Informationen wie Männer und Frauen. Ich bin stolz darauf, dass wir mit dieser Richtlinie erstmals auch Mehrfachdiskriminierung in der europäischen Gesetzgebung definiert haben und sie bei der Festlegung von Strafen als erschwerenden Umstand berücksichtigen.“

Kira Marie Peter-Hansen (Grüne/EFA, Dänemark) vom Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten erklärte: „Diese Vorschriften machen unmissverständlich klar, dass wir in der EU keinerlei geschlechtsspezifische Lohndiskriminierung akzeptieren. In der Vergangenheit wurde die Arbeit von Frauen zu wenig gewürdigt und unterbezahlt. Diese Richtlinie ist ein wichtiger Schritt, um gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit sicherzustellen. Ich bin sehr stolz darauf, dass es dem Parlament gelungen ist, den Anwendungsbereich der Richtlinie auszuweiten, die Rolle der Sozialpartner zu stärken und für starke individuelle und kollektive Rechte zu sorgen.“

Nächste Schritte

Nun muss der Rat den Text förmlich billigen, bevor er unterzeichnet und im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden kann. Die neuen Regeln treten 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

Der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen ist in Artikel 157 AEUV verankert. In der EU besteht jedoch noch immer ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle von etwa 13 Prozent, wobei es erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gibt. In den letzten zehn Jahren hat sich das Lohngefälle nur sehr wenig verringert.