Zeitzeugen-Erzählsalon mit Ministerpräsident begleitet Auftakt -Montag , 3. Juli 2023 , 13 .00 bis 15.00 Uhr (Ausstellungseröffnung mit Erzählsalon) ; 15.30 Uhr: Vortrag von Dr. Christian Rau, Historiker und Autor von »Hungerstreik Bischofferode«
Der Hungerstreik der Kumpel im Kaliwerk »Thomas Müntzer« im Sommer 1993 ist das berühmteste Beispiel für Widerstand gegen die Treuhandpolitik. Keine Ortschaft war nach der Wende bei Bonner Politikern so gefürchtet wie das thüringische Bischofferode. Von 1992 bis 1993 kämpften dort Kaliwerker für den Erhalt ihres Betriebs. Um ihre Job s zu retten, riskierten einige sogar ihr Leben.
Vergeblich: Nachdem am 22. Dezember 1993 die letzte Förderschicht gefahren wurde, wurde das Werk am 31. Dezember 1993 endgültig geschlossen. Das Kaliwerk war von großer Bedeutung für die anliegenden Dörfer und schuf Arbeitsplätze für mehr als 1.000 Menschen . Diese waren mit einem Mal Geschichte.
DDR-weit sollte die Treuhandanstalt 9.000 volkseigene Betriebe mit insgesamt 4,1 Millionen
Arbeitsplätzen innerhalb kürzester Zeit »markttauglich« machen. Die Betriebe wurden privatisiert oder liquidiert , Millionen Menschen arbeitslos. Exemplarisch für diese Biografien stehen die 25 Einzelporträts der Wanderausstellung »Schicksal Treuhand – Treuhand – Schicksale« , die am 3. Juli 2023, um 13 Uhr im Vereinshaus Thomas – Müntzer – Kaliverein Bischofferode e. V. im Beisein von Ministerpräsident Bodo Ramelow eröffnet wird . In der vom Berliner Unternehmen Rohnstock Biografien kuratierten Schau der Rosa – Luxemburg – Stiftung werden die Berichte von Betroffenen gerahmt durch die Geschichte n volkseigener Betriebe und Kombinate .
Zu den Porträtierten gehören Bernd Schmelzer, der am Kampf der Kalikumpel beteiligt war, und Gerhard Schmelzer, früher Leiter des FDB G – Kulturhauses im Kaliwerk . Sie werden genauso anwesend sein wie u.a. Gerhard Jütteman, Vorsitzen der des Kalivereins, und Karl – Josef Wand, Bürgermeister der Landgemeinde am Ohmberg .
Der Ausstellungsstart wird begleitet von einem Erzählsalon zum Thema » Wie ich den Kampf der
Kalikumpel in Bischofferode erlebte« . Der Streik vor 30 Jahren wurde zum Symbol f ür den Kampf gegen die Treuhandpolitik. Zeitzeugen – damals Protestierende wie Unterstützende – sind eingeladen, ihre Geschichte zu erzählen: Wie haben sie sich für den Streik entschieden ? Wie erging es ihnen und ihren Angehörigen dabei ? Wie sind sie schlussendlich mit dem Scheitern ihrer Forderungen umgegangen?
Der Erzählsalon ist der Auftakt eines Projekts, das den Kalikumpel n und ihren Unterstüt zern eine Stimme geben soll. Die Erzählungen werden aufgezeichnet zu einem Buch. Zwar gibt es zahlreiche Publikationen zu Bischofferode, jedoch keines, das den Hungerstreik aus der
Perspektive der Streikenden selbst thematisiert.
Moderiert wird der Erzählsalon von der Ausstellungs-Kuratorin Katrin Rohnstock , die das
Bischofferoder Erzählprojekt mit initiiert hat. Die 1960 in Jena geborene Literaturwissenschaftlerin veranstaltete mit ihrem Team von Rohnstock Biografien in Ostdeutschland bereits viele Erzählsalons zu regionaler Wendegeschichte : in Thüringen u.a. in Jena, Katzhütte, Suhl und Diedorf. »Nur wenn wir wissen, woher wir kommen, wissen wir auch, wohin wir gehen «, sagt Katrin Rohnstock , die als Herausgeberin viele Geschichten aus Erzählprojekten in Büchern verewigte, so etwa die Treuhand-Erfahrungen der Möbelwerker aus Eisenberg und die Wende-Erinnerungen der Menschen aus Großbreitenbach . »Jeder, der die Wende bewusst erlebt hat, ist durch diese Erfahrung geprägt. Viele erlebten eine Entwertung als Fachkraft oder haben noch einmal von vorn anfangen müssen. Insbesondere denjenigen, die Entlassungen, Neuorientierungen, Arbeitslosigkeit bewältigen mussten, möchten wir mit dem Erzählsalon einen Raum geben, ihre Geschichten zu teilen – denn sie wurden bisher viel zu wenig wahrgenommen und gehört . «
Dem Erzählsalon schließt sich um 15.30 Uhr ein Vortrag von Dr. Christian Rau an , Historiker am Institut für Zeitgeschichte (Abteilung Berlin) und Autor des Buches »Hungerstreik Bischofferode«. Er hat die Ereignisse von Bischofferode wissenschaftlich aufgearbeitet und die Entscheidungen dokumentiert, die zum Abbruch des Protests führten.
Die Ausstellung »Schicksal Treuhand – Treuhand-Schicksale« in in n Bischofferode bis zum 30.07.2023 zu sehen. (Öffnungszeiten: Mo. bis Do. 9:00 bis 12:00 Uhr, Fr. 14:00 bis 16:00 Uhr ) .
Weitere Thüringer Stationen der Wanderausstellung in diesem Jahr : Ilmenau ( ab 3 . 8. ) , Hildburghausen ( ab 6. 9. ) , Eisenach ( ab 13 . 11. ), Artern ( ab 1 .12.
Was: Zeitzeugen – Erzählsalon »Wie ich den Kampf der Kalikumpel in Bischofferode erlebte « anlässlich Eröffnung der Wanderausstellung »Schicksal Treuhand – Treuhand – Schicksale« – im Beisein von Ministerpräsident Bodo Ramelow
Wann: Montag , 3. Juli 2023 , 13 .00 bis 15 .00 Uhr (Ausstellungseröffnung mit Erzählsalon) ; 15.30 Uhr: Vortrag von Dr. Christian Rau, Historiker und Autor von »Hungerstreik Bischofferode«
Wo: Vereinshaus Thomas – Müntzer – Kaliverein Bischofferode e. V., Bischofferöder Str. 9,
Holungen/Bischofferode
Wer: Thomas – Müntzer – Kaliverein Bischofferode e. V., Rosa – Luxemburg – Stiftung Thüringen und Rohnstock Biografien , gefördert von der lokalen Partnerschaft für Demokratie im Eichsfeld
Moderatio n: Katrin Rohnstock, Entwicklerin des Erzählsalon s und Kuratorin der Treuhand –
Ausstellung . Eintritt frei .